Kennst Du noch den Quelle-Katalog? In den Wirtschaftswunderjahren brachte der kiloschwere Katalog alles, was das Herz begehrte, direkt per Post nach Hause.
Von der Stecknadel bis zum Fertighaus, alles gab es im Quelle-Katalog. Nutzte man das Angebot von Quelle, musste man nicht mehr in die Kaufhäuser gehen. Die waren es, die seit Ende des 19. Jahrhunderts als Konsumtempel die Innenstädte beherrschten. Im Gegensatz zum Katalogkauf, boten die Kaufhäuser ein direkt anfassbares Sortiment, eine exzellente Fachberatung und einen umfassenden Service.
In jungen Jahren habe ich selbst einmal bei Karstadt gearbeitet und weiß, was für ein Aufwand getrieben werden muss, damit jeden Morgen um 9 Uhr ein einladendes Warensortiment und motivierte Mitarbeiter bereitstehen.
Es ist eine ungeheure Logistik erforderlich, um so ein großes Sortiment ansprechend zu präsentieren. Damit der Kunde sich wohlfühlt, ist weitaus mehr erforderlich, als er im Verkaufsraum wahrnimmt. Für eine angenehme Klimatisierung und funktionierende Aufzüge und Rolltreppen ist eine vielköpfige Haustechnik-Abteilung erforderlich, für die schöne Optik sorgt eine große Truppe von Schauwerbegestalterinnen und ein sich ständig wandelndes Warenangebot erfordert eine stetige Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das alles und vor allem die hohen Mieten in den erstklassigen Innenstadtlagen kosten wahnsinnig viel Geld.
Ich selbst habe es über Jahre erlebt, dass Kunden sich im Kaufhaus umfassend beraten und sich die Produkte vorführen und erklären ließen, und dann den Kauf im günstigeren MediaMarkt oder bei Saturn getätigt haben.
Diese Erfahrung ist schon Jahrzehnte her, mittlerweile schwächeln auch die damaligen Konkurrenten. Heute sind es das Internet und vor allem Amazon, die dem Einzelhandel die Kunden abgraben.
Wenn Du zu denen gehörst, die die Schließung von Kaufhäusern bedauern, dann frage Dich, wann Du das letzte Mal etwas in einem Kaufhaus gekauft hast.
Mich wundert es eigentlich, dass es überhaupt noch Kaufhäuser gibt. Ich hätte, offen gesagt, schon viel früher mit dem Aus dieser Verkaufsform gerechnet.
Ich stamme aus Essen und wer in Essen unterwegs ist, der stößt früher oder später auf die Reklame „Essen, die Einkaufsstadt“. Große Kaufhäuser aller Marken machten einmal die Innenstadt zu einem interessanten Einkaufsziel. Und auch hier in der Nähe, in Mannheim war das lange so.
Aber wie ist das heute? Wo führt die Entwicklung hin?
Jedenfalls sind die zahlreichen Handy-Läden, die überall gleichen Parfümerie-Filialen und vor allem die in jeder Stadt zu findenden Filialen von Schuhgeschäften und Klamottenläden überhaupt kein attraktiver Ersatz für einen gut sortieren Einzelhandel.
Diese Filialisten werden zu spüren bekommen, was es bedeutet, wenn attraktive Kaufhäuser wegfallen und das Angebot auf das Niveau eines austauschbaren, überall identischen und nur im Fahrwasser überlebenden Einheitsbreis zusammenschrumpft.
Mit Herzblut über Generationen betriebene Fachgeschäfte sind ja sowieso vom Aussterben bedroht. Als deren Nachfolger kommen nur noch international operierende Filialisten infrage, denen die utopisch hohen Mieten nichts ausmachen.
Aber auch die können nur überleben, wenn eine bestimmte Kundenfrequenz vorhanden ist.
Aber was soll die Menschen schlußendlich noch animieren, in der Innenstadt einzukaufen, wenn das Angebot immer unattraktiver wird?
Man kann sich nun vortrefflich darüber streiten, ob Anbieter wie Amazon den Einzelhandel kaputtmachen, oder ob sie einfach nur in die Bresche springen. Jedenfalls wurde das Ende der großen Kaufhauskonzerne schon in den 1990er Jahren eingeläutet, als Amazon noch gar keine Rolle spielte. Letztenendes lag es in den Händen der Käuferinnen und Käufer, ob sich bestimmte Läden für den Inhaber lohnen oder nicht.
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Bedenkt man, dass es früher in jeder kleinen Gasse zwei Lebensmittelläden gab, die Mittwoch- und Samstagnachmittag einfach die Türen zuließen und deshalb Tausende in den Straßengräben einen grausamen Hungertod sterben mussten, kann man doch froh sein, dass die Zeiten solcher Willkür vorüber sind, und dass der Markt alles regelt. Heute gibt es gleich vier Lebensmittel-Grossisten, bei denen man montags bis samstags zwischen 7:00 Uhr und 22.00 Uhr alles einkaufen kann. Hätte es Lieferando in den Sechzigern schon gegeben, gäbe es die Tante-Emma-Läden vielleicht heute auch noch.
Wie, das ist unlogisch? Ist das heutige System der Versorgung mit Waren und Dienstleitungen logischer? Werden diese heutzutage angemessen vergütet und gleichermaßen wertgeschätzt, wie das Schwätzchen damals bei Tante Emma, oder die fachkundige Beratung in den Kaufhäusern? In Zeiten, in denen selbst die dämlichsten Vollidioten via Telegram in null-komma-nix Experten in Sachen Epidemiologie, Virologie, Rechtswissenschaften und Klima-Modellen werden können?
„Wenn der letzte Kaufhof schließt, werdet ihr feststellen, dass Ihr in den Arsch gekniffen seid, und dass keiner mehr da ist, um Euch die Produkte so zu erklären, dass Ihr sie auch kapiert.“ Alte indianische Weisheit.