In letzter Zeit vergeht kaum eine Woche, in der ich mich nicht über verspätete oder gar verschwundene Sendungen ärgere. Ob es ein Päckchen ist, das eine Woche braucht, um eine Stadt weiterzukommen, ein Brief, der angeblich zugestellt wurde, aber nie ankam – oder eine Benachrichtigung, dass man „nicht angetroffen wurde“, obwohl man zu Hause war. Die Liste ist lang. Die Geduld ist am Ende.
Ich beobachte auf unserer Haustürkamera-Überwachung, wie dieses Elektroauto der Post in die Straße fährt. Der Mitarbeiter steigt aus, hat einen Stapel Briefe in der Hand und wirft diese in die Briefkästen der verschiedenen Häuser. Dann fährt er weg. Eine Viertelstunde später kommt das Postauto erneut. Wieder steigt der Zusteller aus, läuft etwas kopflos in der Straße auf und ab und wirft dann nochmals zwei bis drei Briefe in verschiedene Briefkästen. Dann fährt er ans andere Ende der Straße.
Fünf Minuten später rollt das Elektroauto wieder bei uns vor. Der gleiche Zusteller hat nun ein Päckchen in den Händen und klingelt nun bei unseren Nachbarn. Dort macht niemand auf, die Leute sind arbeiten.
Dann klingelt er bei den Leuten gegenüber. Er versucht, das Paket zuzustellen, aber dort macht auch niemand auf. So druckt er dann eine Benachrichtigungskarte aus und wirft die bei unseren Nachbarn in den Briefkasten. Das Päckchen nimmt er wieder mit.
Abends klingelt dann die Nachbarin bei uns und hält die Benachrichtigungskarte in der Hand: „Das ist ein Päckchen für Euch! Warum hat der das nicht bei Euch zugestellt? Wart ihr nicht zu Hause?“
Das bedeutet also, dass der Zusteller Briefe und kleine Päckchen zustellt. Er war mit seinen Sendungen 3-mal vor unserem Haus. Er war aber nicht in der Lage, bei uns zu klingeln, um ein Päckchen zuzustellen. Stattdessen versucht er es bei zwei Nachbarn, die nicht zu Hause sind. Dann wirft er die Benachrichtigungskarte für UNSER Päckchen bei den Nachbarn ein. Punktlandung!
Ich sende ein signiertes Exemplar meines neuen Romans „Mori – Der Teufel von Waibstadt“ an eine Leserin. Sie gibt mir ihre Packstationsadresse. Der ordnungsgemäß frankierte und korrekt adressierte Umschlag kommt zurück „Nicht AGB-konform“.
Ich sende das erneut los, an die gleiche Packstationsadresse. Der Umschlag kommt wieder zurück: „Adressat an der Adresse nicht zu ermitteln“.
Also spreche ich mit der Empfängerin und sie gibt mir ihre Privatadresse. Diesmal wähle ich ein Päckchen als Versandart. Es kommt zurück: „Empfänger unbekannt“.
Beim vierten Mal hat es geklappt: Gleiches Päckchen, gleiche Adresse, gleiches Porto (aber natürlich neu bezahlt, zum vierten Mal!) Diesmal kommt es an.
Ich dachte lange, ich sei ein Einzelfall. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Im ersten Halbjahr 2025 verzeichnete die Bundesnetzagentur 22.981 Beschwerden über Post- und Paketdienste – ein Zuwachs von 13 % gegenüber dem Vorjahr1. Besonders brisant: 89 % dieser Beschwerden richteten sich gegen die Deutsche Post und DHL2. Auch intern scheint man das Problem zu kennen – allein 2024 meldete die Deutsche Post selbst rund 420.000 Beschwerden3.
Das sind keine Einzelfälle mehr, sondern systematische Mängel. Eine ältere Dame, über die DW berichtete, erhielt ein Einschreiben erst nach sechs Werktagen – obwohl es für den nächsten Tag angekündigt war. Dazwischen: völliger Stillstand im Sendungsverlauf4.
Die Ursachen: Gesetz, Geld und Gleichgültigkeit?
Ein Grund für die spürbare Verschlechterung: Seit Januar 2025 erlaubt das neue Postgesetz eine Zustellung von Briefen innerhalb von bis zu drei Werktagen – früher waren 80 % der Briefe schon am nächsten Tag beim Empfänger5. Das mag für Planwirtschaftler nach Effizienz klingen – für den Alltag ist es eine Zumutung.
Hinzu kommt ein strukturelles Personalproblem: Bereits seit 2022 wird bei DHL und der Deutschen Post Personal abgebaut6. Die Gewerkschaft Ver.di kritisiert die Personalpolitik scharf – zu wenig Personal, zu viel Druck, zu wenig Service7.
2025 machten dann auch noch Hitzewellen den Zustellern zu schaffen. Die Folge: noch mehr Verzögerungen, noch längere Wege, noch mehr Frust8.
Ein weiterer Grund für die gefühlte Servicewüste: Die Post „bündelt“ Zustellungen. Das heißt: Wenn zwei Briefe an einem Haushalt für verschiedene Tage ankommen, wird einfach auf einen gemeinsamen Zustelltag gewartet9. Der Bürger merkt davon: nichts – außer, dass wieder einmal keine Post kam.
Und trotzdem: Vertrauen bleibt hoch
Ironischerweise bescheinigt eine Forsa-Umfrage der Deutschen Post und DHL weiterhin ein hohes Vertrauen: 84 % bzw. 85 % der Befragten empfinden die Anbieter als zuverlässig10. Man fragt sich: Haben diese Leute ein anderes Unternehmen erlebt als ich?
Sicher ist: Die Erwartungen an die Zustellung sind – verständlicherweise – hoch. Wer etwas bestellt, will es rechtzeitig erhalten. Wer einen wichtigen Brief verschickt, erwartet, dass er beim Empfänger ankommt. Nicht irgendwann. Sondern pünktlich. Und ganz.
Mein Fazit
Was früher eine verlässliche Institution war, ist heute ein Flickenteppich aus Enttäuschung und Unsicherheit. Die Deutsche Post und DHL mögen im globalen Maßstab beeindruckende Logistikkonzerne sein – aber im Alltag vieler Menschen sind sie derzeit vor allem eines: eine Quelle chronischen Ärgers.
Wer nicht auf Premiumdienste ausweicht, Tracking obsessiv betreibt oder auf gut Glück bestellt, hat zunehmend schlechte Karten. Und ja: Ich bin frustriert. Denn Kommunikation ist mehr als Datenvolumen – sie beginnt mit einem simplen Briefkasten. Und der bleibt leider immer öfter leer.
Quellen:
- DW: Beschwerden bei Post & DHL
- Marktspiegel: Zustellprobleme 2025
- t-online: Neues Postgesetz
- onlinemarktplatz.de: Forsa-Umfrage
Bildquellen:
- dhl-probleme: Peter Wilhelm ki
Fußnoten:
- https://www.marktspiegel.de/bayern/c-panorama/unzufriedenheit-mit-marktfuehrer-deutsche-postdhl-nimmt-zu_a124078 (zurück)
- https://www.dw.com/en/delayed-delivery-german-postal-services-come-under-attack/a-73415170 (zurück)
- https://www.dw.com/en/delayed-delivery-german-postal-services-come-under-attack/a-73415170 (zurück)
- https://www.dw.com/en/delayed-delivery-german-postal-services-come-under-attack/a-73415170 (zurück)
- https://www.t-online.de/leben/aktuelles/id_100560126/deutsche-post-postversand-2025-langsamer-und-teurer.html (zurück)
- https://www.dw.com/en/delayed-delivery-german-postal-services-come-under-attack/a-73415170 (zurück)
- https://www.dw.com/en/delayed-delivery-german-postal-services-come-under-attack/a-73415170 (zurück)
- https://www.marktspiegel.de/bayern/c-panorama/unzufriedenheit-mit-marktfuehrer-deutsche-postdhl-nimmt-zu_a124078 (zurück)
- https://www.t-online.de/leben/aktuelles/id_100560126/deutsche-post-postversand-2025-langsamer-und-teurer.html (zurück)
- https://www.onlinemarktplatz.de/249897/deutsche-post-dhl-vertrauen/ (zurück)
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