Stefan Raab ist zurück – aber zu welchem Preis? Mit Formaten, die wirken wie Requisiten aus einer anderen Fernsehwelt, kämpft der einstige Unterhaltungsrevolutionär heute vor allem gegen sich selbst. Eine kritische Betrachtung eines Comebacks, das Gefahr läuft, zum Selbstporträt in nostalgischer Unschärfe zu werden.
Als Stefan Raab nach Jahren der selbstgewählten Fernsehabstinenz plötzlich wieder auf der Bildfläche erschien, war das tatsächlich eine kleine Sensation. Doch was folgte, entpuppte sich nicht als Neuanfang, sondern eher als Wiederaufguss.
Im Gepäck: eine Reihe angeblich neuer Formate, die sich jedoch beim näheren Hinsehen als recyclete Selbstzitate entpuppen. “Du gewinnst hier nicht die Million” – der Titel allein trieft vor ironischem Krawall, verspricht große Geste, liefert aber im Kern nur einen aufgemotzten “TV Total”-Restposten, versehen mit ein paar athletischen Intermezzos des Altmeisters. Ähnlich durchschaubar: “Stefan und Bulli gegen irgendson Schnulli” – ein Format, das sich nicht nur namentlich über seine Kandidaten erhebt, sondern inhaltlich nicht mehr ist als ein müder Abklatsch von “Schlag den Raab”, das ohnehin schon gefühlt auf zehn Sendern gleichzeitig in Klonform läuft.
Das Problem: Die Fernsehwelt hat sich weitergedreht. Formate wie TV Total wurden erfolgreich modernisiert, etwa durch Sebastian Pufpaff – der mittlerweile charismatischer, unterhaltsamer und klüger wirkt als der zunehmend verbissen auftretende Raab.
Mit “Du gewinnst hier nicht…” traut sich Raab sogar, direkt gegen “TV Total” anzutreten – allerdings einen Tag später auf dem gleichen Sendeplatz. ProSieben hatte nämlich direkt reagiert Pufpaff samt TV-Relikt kurzerhand auf den Dienstag vorgezogen.
Ein symbolischer Schachzug, der mehr über den Zustand des deutschen Fernsehens sagt, als man denken möchte: Da kämpfen nun der angenehm unaufgeregte Sebastian Pufpaff und ein sichtlich gealterter Raab um dieselben Gags, dieselben Clips, denselben Sendeplatz – aber mit sehr unterschiedlichem Tonfall. Der eine charmant-ironisch, der andere zunehmend gereizt und rechthaberisch. Wenn Raab am Mittwoch dieselben Themen abklappert, die Pufpaff am Dienstag schon verwertet hat, wirkt er wie sein eigener Schatten. Statt Vorreiter ist er Nachzügler. Und das ist – gemessen an Raabs früherem Anspruch – eine schallende Ohrfeige ans eigene Erbe.
Eins muss man Raab lassen, trotz seines vorgerückten Alters ist er ein Kampfschwein geblieben. Ächzend und schnaubend, mit hochrotem Kopf, kämpft er sich verbissen durch jede noch so schwere Aufgabe. Egal, um was es geht, Raab versteht die Spiele schnell, zeigt unglaubliches Geschick, Durchhaltevermögen und Kraft und Sportlichkeit. Da macht ihm wirklich so schnell keiner was vor. Ganz gleich, ob er gegen Sportler, Durchtrainierte und wesentlich Jüngere antritt, Raab legt so viel verbissenen Kampfgeist an den Tag, dass er in der Lage ist, fast jedes Spiel zu gewinnen. Und das gilt für die „Schnulli“-Sendung ebenso, wie für die Spielrunden bei der „Million“.
Raab ist also nach wie vor ein echtes Tier, wenn es um körperliche Herausforderungen geht. Keiner beißt sich so ehrgeizig durch Spielrunden, keiner kämpft mit so viel röchelnder Verbissenheit um Punkte, Sekunden oder Meter. Und genau da liegt das Dilemma: Er gewinnt einfach zu oft. Denn wenn der Gastgeber zum Endgegner mutiert und die Kandidaten kaum mehr eine realistische Siegchance haben, wird die Spannung zur Farce und der Unterhaltungswert gleich mit beerdigt.
Zwar beeindruckt Raab weiterhin durch körperlichen Ehrgeiz und eine gewisse Spielintelligenz. Doch wenn der Showmaster selbst zur nahezu unbesiegbaren Endgegnerfigur mutiert, verliert das Format jede Balance. Spannung entsteht nicht durch Vorhersehbarkeit, und Fairness gehört zum Mindestanspruch unterhaltsamer Spielshows.
Besonders ärgerlich: Raabs neue Sendungen plündern nicht nur seine eigenen Ideen, sondern laufen auch thematisch den aktuellen TV Total-Ausgaben von Pufpaff hinterher. Clips, Gags, Pointen – alles schon gesehen. Und wer als Letzter lacht, lacht nicht automatisch am besten.
Dass Raab noch immer Talent besitzt, zeigte er ausgerechnet in einem kleinen Straßeneinspieler: Ohne Bühne, ohne Showpublikum, einfach nur mit Zeitung auf einer Bank, improvisierend und quizzt mit Passanten. Authentisch, klug, charmant. Genau da wäre Potenzial gewesen – ein neues, kleineres Format, das den reiferen Raab zeigt. Doch stattdessen verbeißt sich der Altmeister in alte Rollenbilder – verbissen, verschwitzt, schwerfällig.
Es wäre schön, wenn er diesen Weg ginge. Aber stattdessen schlägt er sich mit Formaten herum, die wirken, als hätte jemand einen alten VHS-Rekorder auf Repeat gestellt.
Die Zuschauerzahlen sprechen inzwischen eine deutliche Sprache. Die jüngste Folge soll die niedrigste Quote aller bisherigen Raab-Comeback-Formate erzielt haben.
Noch ist Zeit, das Steuer herumzureißen. Aber dafür müsste Stefan Raab tun, was ihm möglicherweise am schwersten fällt: sich selbst neu denken.
- stefan: Peter Wilhelm KI
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Schlagwörter: Million, Stefan Raab, TV Total