ServiceWüste

Bitte schenkt mir keine Erlebnisgutscheine

Mann auf einem Bagger

Symbolbild

Erlebe einen unvergesslichen Tag! Erfülle Dir Deine Träume! Wir verschaffen Dir das ganz besondere Erlebnis.

So oder ähnlich werben die Unternehmen, die Erlebnisgutscheine verkaufen.
Die Idee dahinter ist clever. Die Unternehmen veranstalten selbst eigentlich gar nichts, wenn ich das richtig sehe. Sie pflegen bloß einen Katalog, in den sie Anbieter von, nennen wir es mal so, Events aufnehmen. Beispielsweise bietet ein Tierpark Kuschelwanderungen mit Alpakas an. Dann kann der Tierpark zwei Stunden Alpaka-Kuschelwanderung als Event in diesen Katalog aufnehmen lassen. Der zu zahlende Preis von sagen wir 180 Euro beinhaltet die Kosten für den Erlebnisgutschein-Anbieter und die Alpakawanderung.

Solche Erlebnisse gibt es in den Katalogen, die es auszugsweise auf Papier und komplett im Internet anzusehen gibt, in Hülle und Fülle. Fahrten mit Oldtimern, Reiten, Bergsteigen, Fallschirmspringen, Romantikessen, Übernachtungen an ungewöhnlichen Orten, Heimwerkerschulungen, Baggerfahren und und und…

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Es gibt wirklich eine unglaubliche Angebotsfülle.

Nun bin ich vor einigen Jahren 60 geworden und meine Geburtstagsgäste haben es für eine tolle Idee gehalten, mir einen Erlebnisgutschein eines dieser Anbieter zu schenken. 150 Euro ist der Gutschein wert.
Eine Verwandte hatte sich nicht rechtzeitig zum Mitmachen entscheiden können und dann kurzfristig selbst noch einen weiteren Gutschein über 50 Euro gekauft.

So, jetzt hatte ich also 200 Euro zur Verfügung und wollte diese in einen schönen Erlebnistag ummünzen.

Doch die erste Falle lauerte darin, dass es zwei Gutscheine waren. Die ließen sich nämlich nicht miteinander kombinieren. Warum das so ist, habe ich nicht verstanden. Ich meine aber, dass der 150 Euro-Gutschein nur für Soforterlebnisse (oder irgendein anderes Marketing-Geschwurbel) gültig war und für solche Gutscheine besondere Bedingungen galten.

Ich musste also zwei Events aussuchen, eins bei dem der 150er Gutschein angerechnet würde und eins für den 50er Gutschein.

Ja gut, es gibt Events, die nur 80 Euro kosten. Aber keines davon war auch nur ansatzweise interessant für mich: Bumerangwerfen im Hochschwarzwald z.B.

Insgesamt standen mir u.a. folgende Schwierigkeiten im Weg:

  • Das Event findet weit entfernt in den „neuen Bundesländern“ statt, was eine teure Anfahrt plus Übernachtung notwendig gemacht hätte.
  • Das Erlebnis kostet deutlich mehr als 150,- Euro, ich hätte also u.U. mehr als das Doppelte noch drauflegen müssen.
  • Das Angebot richtet sich nur an mittelgroße und leichtgewichtige Menschen. Ich wäre mit 1,86 m Körpergröße zu groß und mit 110 Kilo zu schwer.
  • Für die 150 Euro bekäme man nur die sehr kurze (15 bis 30 Minuten lange) Schnupper-Attraktion, eine richtige Teilnahme kostet ein Vielfaches.
  • Sehr viele Angebote fallen weg, weil sie mir zu sportiv sind: Freiwandklettern, Bunjeejumping, Mountainbiking, lange Wanderungen usw.
  • Beim Versuch einer Buchung stellte sich heraus, dass etliche Angebote gar nicht mehr offeriert werden.
  • Trotz Bezahlung und Buchung kann ein bestimmtes Erlebnis nicht garantiert werden. Es heißt dann: Soweit Fahrzeuge verfügbar oder je nach Kundenandrang.
  • Es wird vom Anbieter erwartet, dass man noch etwas hinzubucht oder -kauft: „Material nicht inbegriffen“, „Nur mit Übernachtung“ oder „wird gegen Kostenübernahme gestellt“
  • Bei Übernachtungen, z.B. im Romantikhotel, muss man Mittag- und Abendessen zu utopischen Preisen hinzubuchen
  • Versucht man insb. Hotelübernachtungen zu buchen, bekommt man am laufenden Band Absagen, weil denen beim Gutscheinnutzer zu wenig Gewinn bleibt.
  • Das Angebot ist wetterabhängig. D.h. man muss ggfs. für mehrere Tage oder mehrmals anreisen, bis das Wetter mitspielt.
  • Es gäbe noch viel mehr, was ich hier auflisten könnte, aber das soll mal reichen.

    Was die Situation für mich dann zusätzlich erschwerte und wofür weder der Erlebnisgutscheinanbieter, noch die Eventanbieter etwas konnten: Die Welt wurde von Corona heimgesucht und ganz viele Events fanden einfach nicht mehr statt.

    So dümpelte der Gutschein in seiner wunderschönen Geschenkbox vor sich hin. Ich hatte nur bis Ende des Jahres Zeit, ihn einzulösen.
    Doch die Umstände sprachen dagegen. Alles, was mich interessiert hätte und was ich trotz erheblicher Aufpreise gerne gemacht hätte, fand entweder wegen Corona nicht statt oder der Anbieter machte das gar nicht mehr für Gutscheine, sondern nur noch bei Direktbuchung und -bezahlung bei ihm.

    So kam es, dass sich das Jahr dem Ende zuneigte und ich einsehen musste, dass ich als Erlebnis-Absolvent eher nicht infrage kommen würde. Also ging ich auf die Webseite des Gutscheinunterehmens, um den Gutschein entweder verlängern zu lassen oder wenigstens einen Teil des Geldes zurückzubekommen.
    Doch Pustekuchen! Diese Art von Gutscheinen ist nicht verlängerungsfähig und wird auch nicht zurückgezahlt, auch nicht an denjenigen, der ihn ursprünglich mal gekauft hat.

    Ich muss also feststellen, dass solche Gutscheine für mich nichts taugen.

    Über einen der Gutscheinanbieter gibt es hier ein sehr interessantes Video:

    Bildquellen:
    • bagger: KI generiert


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    ServiceWüste

    In der „Servicewüste“ navigieren wir durch die oft trockenen Landschaften des Einzelhandels, der Behörden und des Online-Shoppings, wo Kunden sich vernachlässigt oder ungerecht behandelt fühlen. Diese Rubrik beleuchtet prägnante Beispiele solcher Erfahrungen. Doch es geht nicht nur um Kritik: Wir heben auch jene Oasen hervor, wo Unternehmen sich durch außergewöhnlich guten Service abheben und beweisen, dass eine „Servicewüste“ nicht die Norm sein muss.

    Entdecken Sie mehr darüber, wie einige Marken es schaffen, in einer Welt voller Herausforderungen positiv aufzufallen.

    Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | Peter Wilhelm: © 1. Mai 2024

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