Mein VW-Bus machte wieder so komische Geräusche, irgendwas an der Lenkung?
Vermutlich fehlt bloß Servoflüssigkeit, vermutete ich und meine Vermutung traf den Nagel auf den Daumen, oder so.
Die Frau von Kalle, dem Schrauber, hatte mich heranfahren gehört und meinte, das höre sich aber komisch an. Ja ja, meinte ich nur und hab dann später einen halben Liter Servoflüssigkeit nachgeschüttet. Gut war’s! Kein Geräusch mehr, alles bestens.
Sie muss es aber Kalle dem Schrauber erzählt haben, denn der sprach mich nachmittags an, als ich wieder angefahren kam: „Au, da hört sich aber was nicht normal an!“
„Wie“, dachte ich, „da ist doch gar nix mehr“. Aber immerhin ist Kalle, der Schrauber, ja ein Schrauber und der musste es ja wissen.
Also machte ich die Haube auf, damit Kalle, der Schrauber, sein Schrauberohr mal unter die Haube und über den Motor halten konnte.
„Au, au, au“, sagte er.
„Au, au, au???“, fragte ich und obwohl ich wußte, dass da nix war und Kalle, den Schrauber, so gut kannte, dass mir klar war, dass er um diese Zeit sowieso nicht mehr nüchtern sein konnte, keimte dieses komische Gefühl in mir auf. Du kennst das doch, oder? Es ist dieses Gefühl, das einen beschleicht, wenn man beim Zahnarzt den Mund aufmacht und der Weißkittel dann „Auweia!“ sagt oder auch „Ach du meine Güte!“
Ein wenig bangend schaute ich zu, wie Kalle, der Schrauber, hier mal etwas rüttelte, da mal etwas schaute und dort mal etwas roch. Dann schüttelte er bedenkentragend den Kopf und schaute mich so an. Es ist dieser Blick, den der Arzt einem auch am Sterbebett eines lieben Verwandten zuwirft …
Aus dem leisen Bangen wurde allmählich pure Verzweiflung.
Kalle, der Schrauber, kratzte sich an dem, was er Bart nannte und was ich persönlich als „verwest“ bezeichnete. Ehrlich gesagt glich diese Barttracht einem längst verstorbenen Opossum, das sich in den letzten Zügen seines Todeskampfes in Kalles Gesicht verbissen hatte …
Ich fragte ihn mit banger Stimme, was denn sei. Doch er wiegte nur bedächtig seinen Kopf und kratzte sich wieder am verwesten Opossum. Dann sagte er „Nix! Hört sich alles normal an!“
Na denn! Ist doch gut, wenn man einen Fachmann kennt, oder?
Kalle betreibt im alten Industriegebiet eine Autowerkstatt der besonderen Art. Haupteinrichtungsgegenstand ist eine Theke. An der lümmeln sich die Besitzer der zu reparierenden Autos bei einem Fläschchen Bier herum und diskutieren in epischer Breite das von der BILD-Zeitung vorgegebene Tagesgeschehen. Erstaunlich ist das vor allem deshalb, weil rund die Hälfte der Anwesenden gar kein Auto besitzt.
Während an der Theke fachgesimpelt, vor allem aber gesimpelt wird, kümmern sich Kalle und sein Gehilfe „Harley“ um die blechernen Patienten.
Dabei ist Kalle jedes Hilfsmittel recht. Was nicht paßt, das wird passend gemacht und Teile, die man nicht hat, die werden aus einem alten Gasofen oder einem Rasenmäher ausgebaut und zweckentfremdet.
Was sich kurios anhört, ist aber in Wirklichkeit eine funktionierende Autowerkstatt, denn am Ende verlassen Autofahrer und Gefährt fröhlich Kalles Halle. Der eine gut mit Bier geölt, das andere frisch repariert und auf jeden Fall wieder fahrtüchtig.
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