Weihnachten. Weder plötzlich, noch unvermittelt, sondern in wochenlanger Penetranz mit aufdringlichem Getöse in Funk und Fernsehen beworben. Das alljährliche Mantra des Konsumrausches. Weihnachten entscheidet, ob sich die ganze Mühe des Jahres gelohnt hat; ob in diesen Wochen vor der großen Bescherung entweder die magischen 20% des Jahresgeschäfts, oder danach die Arbeitsplätze abgewickelt werden. Es herrscht Krieg vor dem Fest der Liebe.
Mit Mandelspekulatius, Qualitätsglühwein im Tetra Pak und Christstollen mit extra viel guter Butter in den Supermärkten lärmend zur Schau gestellt, während die Kunden, luftig sommerlich bekleidet, mit adäquatem Rest der in stoischer Karzinomverachtung auf den Kanaren erkämpften Bräune, in der Kühltheke nach marinierten Steaks zu 3,99 € das Kilo für das Grillfest am Wochenende stöbern. Der Countdown läuft, unerbittlich. Tägliche Meldungen berichten atemlos von den Rankings nach dem Kassensturz in den Konsumtempeln. Wird es auch dieses Jahr wieder gelingen, einen Rekordumsatz einzufahren?
Irgendwie drängt sich bei dem Ganzen eine Frage auf: um was ging es nochmals an Weihnachten? Richtig. Um die ersten Asylbewerber. Um Reisende, um Menschen in der Fremde. Ein Ehepaar auf der Flucht in einer überlaufenen fremden Stadt, das, so erzählt es die Legende in schwülstigen Bildern, von netten Menschen in einen Stall verfrachtet wurde, nach Ablehnung durch diverse Herbergsväter ein Notlager in einem Stall fand, damit die hochschwangere Frau zwischen Ochs und Esel ihr Kind entbinden konnte. Um den kleinen Balg wenigstens mit dem Notwendigsten zu versorgen, kamen drei merkwürdig gekleidete Männer vorbei, vermutlich Emissäre vom KaDeWe, und brachten Weihrauch, Myrrhe und Salbei. Kein Mensch hat mir jemals erklären können, was ein Neugeborenes mit dem Tinnef anfangen soll.
Das KaDeWe gibt es noch heute. Und es ballert in diesen alles entscheidenden Tagen vor Weihnachten und in Anlehnung an die nutzlosen Gaben der drei seltsamen Gestalten aus den Morgenland, jede Menge gleichermaßen nutzloses Zeug zu völlig überzogenen Preisen all denjenigen in die Einkaufstüten, die es vorziehen, einmal jährlich ihre Lieben zu überhäufen, statt täglich an ihre Nächsten zu denken.
Das Kind der Asylbewerber Zugereisten aus dem Stall, ein gesunder Knabe, wurde später, so erzählt es die Legende, als er zum Manne gereift war, wahrscheinlich Zimmermann wie sein Vater, aber mehr noch ein Poet, ein Denker, ein Mahner, ein Prediger. Leider stießen seine zuweilen revolutionären Ideen selbstredend auf wenig Gegenliebe des herrschenden Establishments. Und so wurde er von einem geifernden Mob in die Arme eines ignoranten Juristen getrieben und zu Tode gefoltert. Kennt man alles – die Geschichte war, selbst wenn sie frei erfunden sein mag, nie aktueller.
Ersetzungen und Hinzufügungen sind kursiv.
Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:
Keine Schlagwörter vorhanden