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Seltene Erden – keine Erden und nicht selten

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Seltene Erden – kaum ein Begriff wird so oft erwähnt und so selten richtig verstanden. Dabei geistern um diese Metalle erstaunlich viele Mythen herum. Zeit also, mit einigen falschen Vorstellungen aufzuräumen.

Leserfrage

„Überall lese ich von einer drohenden Knappheit an seltenen Erden. Angeblich sind sie extrem selten, unglaublich teuer und ohne sie würde unsere moderne Technik sofort zusammenbrechen. Stimmt das wirklich? Oder ist das alles übertrieben?“

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Mythos Nummer 1 aufgelöst: „Seltene Erden“ sind in Wirklichkeit gar keine Erden

Mythos: Seltene Erden sind Erden oder Sand.
Realität: In Wirklichkeit sind es Metalle, die in Erde vorkommen.

Der Begriff klingt nach kostbaren Mineralien, irgendwo tief im Erdinneren verborgen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um ganz normale Metalle – die sogenannten Lanthanide plus Scandium und Yttrium. Chemisch gehören sie keineswegs zu den „Erden“, wie man früher bestimmte Mineralien nannte. Diese Bezeichnung ist ein sprachliches Relikt aus dem 18. Jahrhundert.

Mythos Nummer 2 aufgelöst: Seltene Erden sind gar nicht selten

Mythos: Seltene Erden sind extrem selten.
Realität: Viele der Elemente kommen häufiger vor als Blei oder Kupfer.

Warum nennt man sie dann „selten“?

Der Name stammt aus einer Zeit, in der europäische Forscher kaum Zugang zu den Vorkommen hatten. Nicht die Elemente waren selten – sondern die Mineralien, die man damals in Händen hielt. Außerdem sind seltene Erden chemisch so ähnlich, dass sie schwer voneinander zu trennen sind. Das erschwerte die Gewinnung erheblich.

Mythos Nummer 3 aufgelöst: Wir benötigen seltene Erden nicht nur für Elektroautos

Mythos: Wir brauchen sie nur für die überflüssigen Elektroautos.
Realität: Diese Metalle werden für unglaublich viele Geräte benötigt.

Wofür brauchen wir diese Metalle?

Die moderne Welt wäre ohne sie kaum denkbar. Seltene Erden stecken unter anderem in:

  • Smartphones und Tablets
  • Windkraftanlagen
  • Elektro- und Hybridautos
  • Hochleistungsmagneten (z. B. Neodym)
  • LEDs und Lasern
  • Kopfhörern und Lautsprechern
  • Medizinischer Bildgebung
  • Festplatten
  • Militärischer High-Tech

Ihr Vorteil: Sie ermöglichen extrem starke Magnete, farbtreue Leuchtdioden, leichte Motoren und kompakte Elektronik.

Warum sind sie so wichtig?

Seltene Erden sind nicht knapp – aber unverzichtbar. Für viele moderne Technologien gibt es derzeit keine gleichwertigen Alternativen.

Wenn sie nicht selten sind – wo liegt dann das Problem?

Die Schwierigkeiten liegen nicht im Vorkommen, sondern in der Förderung, Trennung und politischen Kontrolle.

1. Aufwendige Trennverfahren

Seltene Erden liegen nicht als reine Metalle vor, sondern in komplexen Mineralgemischen. Ihre Trennung ist technisch anspruchsvoll und chemisch intensiv.

2. Umweltprobleme durch die Aufbereitung

Die Elemente selbst sind nicht giftig. Aber die Erze enthalten oft Thorium, ein radioaktives Nebenprodukt. Bei der Trennung entstehen Schlämme, die sorgfältig entsorgt werden müssen – was nicht überall geschieht.

3. Abhängigkeit von China

China liefert etwa 60–70 % der weltweit verarbeiteten seltenen Erden. Das liegt nicht daran, dass China die meisten Vorkommen besitzt, sondern dass andere Länder die hohen Umwelt- und Verarbeitungskosten scheuen.

Geopolitische Bedeutung

Seltene Erden sind ein strategischer Rohstoff. Wer die Lieferketten kontrolliert, hat politischen Einfluss.

Warum sind seltene Erden so begehrt?

Ihre einzigartigen physikalischen Eigenschaften – etwa magnetische Stärke, Lichtemission oder Hitzebeständigkeit – machen sie zu Schlüsselmaterialien der Digitalisierung und Energiewende. Ohne sie wären Elektroautos schwerer, Windräder ineffizienter und Smartphones klobiger.

Ist Recycling die Lösung?

Teilweise. Die Rückgewinnung ist prinzipiell möglich, aber: Die Mengen pro Gerät sind winzig, die Rückgewinnung ist technisch aufwendig und viele Geräte landen nicht im Recycling

Langfristig führt jedoch kein Weg daran vorbei, da die Nachfrage weiter steigt.

Fazit: Seltene Erden sind weder selten noch mystisch – aber unverzichtbar

Der Begriff führt in die Irre. Die Elemente sind reichlich vorhanden, aber nur schwer umweltverträglich zu gewinnen. Deshalb entsteht der Eindruck einer Knappheit. In Wahrheit sind es:

  • komplexe Förderprozesse
  • hohe Umweltauflagen
  • politische Abhängigkeiten
  • rückständige Recyclingstrukturen

die die Lage herausfordernd machen – nicht die Verfügbarkeit an sich.

Wer also glaubt, seltene Erden seien exotische Raritäten irgendwo im Gestein verborgen, verwechselt Geschichte mit Geologie. Die Realität ist viel spannender – und viel technischer.

Bildquellen:

  • bagger_800x500: Peter Wilhelm

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(©si)