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Konserven – Wie lange haltbar? Dosen, die Jahrzehnte überleben

Oma konservendosen

Wenn das MHD nur ein Zahlenspiel ist: Dosen, die Jahrzehnte überleben. In der Speisekammer meiner Mutter spielten Konserven noch keine so große Rolle, wie das heute der Fall ist. Aber es gab natürlich welche. Das meiste davon galt als eiserne Reserve und wurde nicht angetastet. Mehr aus Spaß, aber doch mit einem Fünkchen Wahrheit, sagte meine Mutter immer: „Wenn die Russen mal kommen…“

So ganz ist die Angst vor dem Russen ja angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre nicht mehr von der Hand zu weisen. Das bringt mich aber zu der Überlegung, wie lange Konserven eigentlich haltbar sind.

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Auf den Konserven meiner seligen Mutter waren meistenteils noch gar keine Mindesthaltbarkeitsdaten aufgedruckt. Vor 1982 gab es keine einheitliche Regelung bezüglich des Mindesthaltbarkeitsdatums – manche Hersteller druckten freiwillig ein Haltbarkeitsdatum auf ihre Produkte, andere nicht.

Wir waren es selbstverständlich bei allen Produkten gewohnt, daran zu riechen, sie genau anzuschauen und sie zu probieren, um selbst zu entscheiden, ob sie noch gut sind oder nicht. Heutzutage unterwerfen sich vor allem jüngere Menschen unnötigerweise dem Diktat des falsch verstandenen Mindesthaltbarkeitsdatums. Ich habe es selbst erlebt, dass kistenweise Sachen in die Mülltonne entsorgt wurden, nur weil die Produkte in die Nähe des MHD kamen.

„Die Dose hält nur noch 2 Monate, wer weiß, ob das noch gut ist, also lieber weg damit!“

Früher war die eiserne Reserve in vielen Haushalten eine Selbstverständlichkeit: Konservendosen, gestapelt im Vorratskeller, manchmal jahrzehntealt – und dennoch bedenkenlos verzehrt. Heute hingegen scheint das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) für viele Verbraucher eine Art Verfallsbefehl zu sein. Wer über das Datum hinaus noch isst, gilt schnell als todesmutiger Rebell.

Doch ist das wirklich so? Mitnichten.

Was bedeutet das MHD wirklich?

Das MHD ist kein Verfallsdatum, sondern eine rechtliche Angabe darüber, wie lange ein Lebensmittel unter idealen Bedingungen seine zugesicherten Eigenschaften behält. Also Konsistenz, Geschmack, Farbe, Nährwert – nicht etwa Sicherheit oder Genießbarkeit. Vor allem bei Konserven ist diese Angabe oft konservativ1 gewählt.

Die Dosen von damals – kleine Technikwunder

Die klassische Konserve ist ein Wunderwerk: luftdicht, keimfrei verschlossen und durch Hitze sterilisiert. So hält sich der Inhalt quasi ewig – zumindest, wenn Lagerung, Deckel und Dosenblech mitspielen. Militärische Tests und Expeditionserfahrungen zeigen: Dosen überleben problemlos 10, 20 oder gar 30 Jahre, ohne dass sich jemand danach zum Bestatter bemühen müsste.

Worauf achten bei überlagerten Dosen?

Wer sich an alte Vorräte wagt, sollte mit gesundem Menschenverstand vorgehen:

  • Optik: Keine Beulen, kein Rost, keine Aufblähung – sonst ab in den Müll.
  • Geruch: Wenn es stinkt – weg damit.
  • Konsistenz: Alles normal? Dann vorsichtig probieren.
  • Instinkt: Verdorbenes erkennt man in der Regel ziemlich eindeutig.
  • Gesunder Menschenverstand: Dosen wurden dazu erfunden, Sachen „ewig“ haltbar zu machen.

Das Schreckgespenst Botulismus – realistisch?

Vor allem in Internetforen und auf den gefürchteten, meist von Kindern befallenen Gute-Frage-Antwort-Seiten, wird die Angst vor dem Botulismus geschürt. Angeblich muss man sofort sterben, wenn man eine „abgelaufene“ Dose auch nur anschaut! Die Angst vor dem legendären Nervengift ist verständlich – aber praktisch unbegründet, wenn es sich um industriell verarbeitete Konserven handelt. Problematisch ist eher das selbst eingekochte Gulasch aus Opas Vorratskammer. Wer auf Dosen aus dem Supermarkt setzt, darf beruhigt sein.

Warum gibt es dann überhaupt ein MHD?

Aus juristischen Gründen. Hersteller möchten (und müssen) klar definieren, wie lange ein Produkt garantiert seine versprochenen Eigenschaften erfüllt. Danach geht nicht automatisch das Verderben los – sondern lediglich die Haftung.

Mindesthaltbarkeitsdatum

Das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) wurde in Deutschland am 1. Januar 1982 gesetzlich eingeführt.

Die Regelung geht auf die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung zurück, die damals Teil des deutschen Lebensmittelrechts wurde. Das Ziel war es, dem Verbraucher eine bessere Orientierung hinsichtlich der Qualität und Haltbarkeit von verpackten Lebensmitteln zu geben.

Interessant dazu:

• Vor 1982 gab es keine einheitliche Regelung – manche Hersteller druckten freiwillig ein Haltbarkeitsdatum auf ihre Produkte, andere nicht.
• Das MHD wurde später durch europäische Vorschriften vereinheitlicht und ist heute Teil der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV), die seit 2014 gilt.
• Das MHD gilt nicht für alle Produkte. Ausgenommen sind z. B. frisches Obst und Gemüse, Wein, Essig, Salz oder Zucker.

MHD oft auch einfach nur Selbstschutz

Die Menschen werden immer anspruchsvoller und auch unverschämter. Ich habe es selbst miterlebt, dass eine Kundin in einem Obst- und Gemüsegeschäft dem Inhaber ein Bündel Schnittlauch auf die Theke geworfen hat, mit dem lautstark und unverschämt vorgetragenen Vorwurf, die Schnittlauchstangen seien ja nicht alle exakt gleich lang. Eine andere wollte eine Packung Eier zurückgeben, weil sie die Schale der Eier für zu zerbrechlich hielt. Ein Mann wollte sein Geld für drei Wochen zuvor erstandene Orangen zurückhaben, weil es ihm nicht gelungen ist, aus den Kernen „der unfruchtbaren Gammelfrüchte“ neue Pflanzen zu ziehen…

In einer Metzgerei erlebte ich eine Kundin, die sehr vehement den Metzgermeister beschimpfte, weil seine Buchenrauchsalami dafür gesorgt habe, dass ihr Kühlschrank nun nach Buchenrauchsalami rieche.

Und das sind ja nur die wenigen Einzelfälle, die mir so untergekommen sind. Ich möchte gar nicht wissen, was die Leute sonst noch alles für Beschwerden vorbringen.

Und genau, um dem aus dem Weg zu gehen, sind alle Lebensmittelhersteller übervorsichtig, was die Mindesthaltbarkeitsdaten anbetrifft. Heutzutage, wo jedes kleine Versäumnis gleich einen Shitstorm auslösen kann, drucken sie lieber einen kurzen Haltbarkeitszeitraum auf die Packung, als zu riskieren, dass die unvernünftige Masse der Schnellwegwerfer auch nur ansatzweise einen Grund zur Beanstandung haben könnte.

Früher war nicht alles schlechter – manchmal haltbarer

Die Großmutter hat Erbseneintopf aus der Dose gekocht, deren Etikett bereits vergilbt war – und niemand ist gestorben. Heute jedoch ist der Konsument verunsichert, verlässt sich mehr auf Aufdrucke als auf Sinnesorgane. Dabei gilt: Die Natur hat uns mit Augen, Nase und Zunge ausgestattet – man darf sie benutzen.

Fazit

Konserven sind Dauerläufer. Das MHD ist eine Orientierung, kein Damoklesschwert. Wer über das Datum hinaus denkt – und prüft –, kann oft noch bedenkenlos genießen. Vielleicht nicht mehr ganz so aromatisch wie am ersten Tag, aber immer noch sicher. Wer’s nicht glaubt, kann ja einfach mal die Dose mit dem DDR-Etikett öffnen. Guten Appetit!

Bildquellen:

  • oma-konservendosen: Peter Wilhelm

Fußnoten:

  1. sehr vorsichtig und kurz (zurück)

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(©si)