Auto/Umfahr/Verkehr

Fahrtkosten – Die 30 Cent Lüge

Abgelehnt

Wenn Du als Freiberufler, Künstler oder Gewerbetreibender berufliche Fahrten übernehmen musst, kannst Du die Kosten dafür selbstverständlich Deinen Kunden in Rechnung stellen. Dabei hält sich hartnäckig das Gerücht, es sei gesetzlich vorgeschrieben, dass man nur 30 Cent pro Kilometer abrechnen darf.

Eigene Erfahrung: Buchhaltung glaubt was Falsches

Vor einigen Jahren arbeitete ich für einen Verlag in der Nähe von Köln. Eines Tages veranstaltete der Verlag eine Bildungsveranstaltung für alle Redakteure. Vor allem für die Jüngeren war das eine tolle Sache, für mich als alten Hasen nicht. Doch man wollte unbedingt, dass ich komme, buchte mir ein Hotelzimmer und sagte mir: „Ihre Fahrtkosten können Sie selbstverständlich in Rechnung stellen.“

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Die Veranstaltung war dann doch ganz nett und ich schrieb hinterher eine Rechnung über meine Fahrtkosten. 238 km hin, 238 km zurück sind 476 Kilometer mal 99 Cent Fahrzeugkosten, ergibt 466,48 €.

Das lehnte eine Mitarbeiterin des Verlags ab. „Die Rechnung müssen Sie neu schreiben. Laut Gesetz dürfen Sie nur 30 Cent pro Kilometer berechnen, also höchstens 238 mal 30 Cent. Das sind, warten Sie mal, 71,40 Euro. Die überweise ich Ihnen dann sofort.“

Zunächst fragte ich, weshalb der Rückweg nicht bezahlt würde. Da bekam ich die saublöde Antwort: „Na, zurück müssen Sie ja sowieso, das bezahlen wir nie.“
Und auch ihr Chef bekräftigte das noch mal: „Wir sind ja nur dafür verantwortlich, dass Sie herkommen mussten. Nach Hause muss ja jeder wieder, das ist dann Ihr Bier.“

Es hat mich sehr viel Überzeugungsarbeit gekostet, die Leute davon zu überzeugen, mir meine Rechnung in voller Höhe zu bezahlen. Man war fest der Überzeugung, die Pauschale von 30 Cent sei gesetzlich vorgeschrieben.

Dabei ist das absoluter Quatsch.

Jeder kann auf den Seiten des ADAC in einer Tabelle nachschauen, wie hoch die Betriebskosten für ein bestimmtes Automodell sind. Das sind meist Beträge um die 50 bis 70 Cent pro Kilometer, für große Wagen auch schon mal um die 1,80 Euro. Für mein Auto lagen sie damals bei genau 99 Cent. Und die habe ich berechnet.
Diese Kilometerkosten beinhalten das Benzin, den Reifenverschleiß, weitere Betriebsstoffe, Versicherung, Steuer, Reparatur- und Wartungskosten und natürlich den Wertverlust des Wagens. Das sind ja ganz normale Kosten, die mit dem Betrieb des Autos in Zusammenhang stehen. Und wenn ich das Auto eine bestimmte Zeit zur Verfügung stelle oder eine bestimmte Anzahl Kilometer damit fahre, dann muss ich diese Kosten ja logischerweise auch erstattet bekommen. Was ist daran so schwer?

Schwer ist daran, dass sich die Kilometerpauschale von 30 Cent (oder wie hoch sie auch immer aktuell gewesen ist/sein mag), fest ins kollektive Bewusstsein der Deutschen eingebrannt hat. Es gibt sie nämlich tatsächlich, diese Pauschale.
Aber sie bezieht sich auf etwas völlig anderes!

Der Irrtum ist weit verbreitet

Erstaunlicherweise glauben ganz viele Freiberufler und Firmeninhaber, sie dürften nicht mehr als die Pendlerpauschale berechnen. Ganz erfahrene Geschäftsleute sind darunter.
Noch erstaunlicher: Ein Handwerker berechnet mit absoluter Selbstverständlichkeit hohe Anfahrtpauschalen an seine Kunden, wenn seine Monteure ausrücken. 80 Euro für eine kurze Fahrt innerorts, 150 Euro für außerorts.
Wenn er aber selbst wohin fährt, rechnet er die jämmerlichen 30 Cent ab. Mal rechnet er auch 38 Cent ab, je nachdem, was gerade in den Nachrichten und Servicesendungen so als Pendlerpauschale propagiert wird.

Ich schätze, dass da Millionen jedes Jahr zusammenkommen, die vor allem kleinen Selbständigen entgehen, weil selbst ihr Steuer- und Lohnbüro ihnen keinen besseren Rat gibt.

Ich glaube fast, dass das was mit der Selbstkasteiung zu tun hat und dem Drang, sich unter einer Knute zu ducken. Auf der anderen Seite spielen natürlich auch Neid und Nicht-Gönnen eine Rolle.

0,30 Euro Pauschale – was bedeutet das?

Die 0,30 Euro pro Kilometer (Kilometerpauschale) ist eine steuerliche Vereinfachungsregel, die in Deutschland in § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG festgelegt ist. Sie gilt:

  • für Arbeitnehmer, die ihre Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte (Pendlerpauschale) oder für dienstliche Fahrten mit dem Privatfahrzeug geltend machen,
  • für Unternehmer, Selbständige und Freiberufler, wenn sie ihre eigenen Kosten steuerlich absetzen wollen, aber kein Fahrtenbuch führen oder die tatsächlichen Kosten nicht nachweisen.

Die Pauschale dient also dazu, die eigenen Kfz-Kosten pauschal in der Steuererklärung anzusetzen, ohne Belege (Reparaturen, Benzin, Versicherung etc.) sammeln zu müssen.

Die Pauschale hat nur etwas mit dem Verhältnis des Steuerpflichtigen zu seinem Finanzamt zu tun, sonst nichts. Sie gilt für diejenigen, die es sich einfach machen wollen und pauschaliert abrechnen möchten.
Wer es genauer haben will und eventuell auch deutlich mehr rausschlagen möchte, der muss in Kauf nehmen, dass er das ganze Jahr Belege sammelt und ein Fahrtenbuch führt. Kann man die Kosten genauer nachweisen, bekommt man diese auch genauer bezahlt.

Bei der Abrechnung gegenüber dem Kunden gilt etwas völlig anderes

Wenn Du als Selbständiger, Künstler oder Unternehmer einem Kunden Fahrten in Rechnung stellst (z. B. Anfahrt zur Baustelle, Auftrittsort, Besprechung), gilt:

  • Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Obergrenze, wie die 0,30 Euro.
  • Du kannst grundsätzlich Deine tatsächlichen Kosten oder auch eine frei vereinbarte Pauschale oder irgendeinen Preis abrechnen.
  • Entscheidend ist die Vereinbarung mit dem Kunden (z. B. in AGB, Vertrag oder Angebot).

Wenn Du der Meinung bist, Du müsstest beispielsweise 4 Euro pro Kilometer bekommen, dann darfst Du auch diesen Betrag in Rechnung stellen, wenn das vorher so ausgemacht worden ist.

Ist aber nichts ausgemacht, ist es eine gute Idee, wenn Du Dich an den oben verlinkten ADAC-Tabellen orientierst. Da hast Du es dann wenigstens schwarz auf weiß, dass diese Kosten auch tatsächlich im Regelfall so entstehen.

Fazit

Steuerliche Behandlung beim Finanzamt

  • Für die Steuer kannst du die tatsächlichen Kfz-Kosten absetzen, wenn du diese nachweist (z. B. mit Fahrtenbuch oder Einzelnachweisen).
  • Oder du nutzt die vereinfachte 0,30-Euro-Pauschale (ohne Nachweise).
  • Die Pauschale hat nichts mit der Abrechnung gegenüber dem Kunden zu tun, sondern dient nur der eigenen steuerlichen Vereinfachung.

Die 0,30 Euro gelten nur für die eigene Steuer, nicht für die Rechnung an einen Kunden.
Gegenüber dem Kunden kann man die tatsächlichen Kosten oder individuell vereinbarte Kilometerpauschalen abrechnen.

Hinweis:

Diese Einschätzung beruht auf meinen persönlichen Erfahrungen und gibt ausschließlich meine Meinung wieder. Zu Rechts-, Steuer- und medizinischen Themen sollten Sie immer einen ausgewiesenen Fachmann fragen. Das ist oft günstiger als man denkt. Verlassen Sie sich nie auf Erkenntnisse, die Sie sich nur im Internet zusammengefischt haben!

Bildquellen:

  • abgelehnt: Peter Wilhelm KI

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(©si)