{"id":1731,"date":"2009-04-24T11:41:06","date_gmt":"2009-04-24T09:41:06","guid":{"rendered":"http:\/\/dreibeinblog.de\/drausen-gibts-nur-kannchen-andersherum\/"},"modified":"2012-11-26T20:12:52","modified_gmt":"2012-11-26T20:12:52","slug":"drausen-gibts-nur-kannchen-andersherum","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/dreibeinblog.de\/drausen-gibts-nur-kannchen-andersherum\/","title":{"rendered":"Drau\u00dfen gibts nur K\u00e4nnchen, andersherum"},"content":{"rendered":"

Die Luft laut, der Himmel blaut, ein einzeln W\u00f6lklein zieht. Es ist Fr\u00fchjahr, die Knospen zwitschern und die V\u00f6glein springen auf.
\nDer milde Sonnenschein der ozonlochverst\u00e4rkten Fr\u00fchjahrssonne treibt mich nach drau\u00dfen und es gel\u00fcstet mir nach einer frischen Tasse Kaffee. Ein Kaffeehaus am Wegesrand dr\u00e4ngt sich durch quer auf den Gehweh gestellte Reklametafeln unaufdringlich in meine Aufmerksamkeit. „1 Pott Kaffee und 1 St\u00fcck Kuchen 1 Euro“<\/p>\n

Ich nehme Platz und die Speisenkarten. Es ist in Wirklichkeit nur eine Speisenkarten, aber f\u00fcr Speisenkarten gilt die gleiche grammatikalische Regel wie f\u00fcr Karl Valentins „Semmelnkn\u00f6deln“.
\n„Was woll’n wer denn?“ will eine dicke Endvierzigerin wissen und h\u00e4lt einen kleinen Schreibblock und einen Bleistift bereit.
\n„Guten Morgen!“
\n„Mor’n, und?“
\n„Ich h\u00e4tte gerne einen Kaffee und ein St\u00fcck Kuchen.“
\n„Einma‘ Pott Kaffee und einma‘ Kuchen.“
\n„Drau\u00dfen nehme ich nur K\u00e4nnchen.“
\n „Watt?“
\n„Drau\u00dfen nehme ich nur K\u00e4nnchen?“
\n„Datt hab ich schon verstanden.“
\n„Dann bringen Sie mir doch bitte ein K\u00e4nnchen Kaffee und ein St\u00fcck Kuchen.“
\n„Hammwer nich.“
\n„Sie haben keinen Kuchen, gut, dann nehme ich einen Brezel.“
\n„Nee, Kuchen hammwer.“
\n„Dann bringen Sie mir doch bitte welchen; und ein K\u00e4nnchen Kaffee bitte.“
\n„Ich mein, wir ham‘ keine K\u00e4nnchen, nur P\u00f6tte und Tassen.“
\n„Ach, letztes Jahr wollte ich nur eine Tasse und da sagte man mir hier, da\u00df es drau\u00dfen nur K\u00e4nnchen gibt.“
\n„Das hammwer nicht mehr, jetzt gibbet nur noch P\u00f6tte und Tassen.“
\n„Ist denn in einem Pott etwa genau soviel drin, wie in einem K\u00e4nnchen?“
\n„Wei\u00df ich nich, keine Ahnung, is ja auch nur ne gro\u00dfe Tasse.“
\n„Ein Pott ist also nur eine Tasse?“
\n„Nee, im Pott is mehr drin.“
\n„Dann bringen Sie mir doch bitte so eine Pott-Tasse Kaffee und ein St\u00fcck Kuchen.“
\n„Wie jetzt? Doch kein Brezel?“
\n„Nein, da sie ja Kuchen haben, m\u00f6chte ich lieber Kuchen. Den Verzehr eines Brezels zog ich nur vor\u00fcbergehend in Erw\u00e4gung, als ich annahm, Sie h\u00e4tten keinen Kuchen.“
\n„Watt?“
\n„Kuchen!“
\n„Warum sagen Sie datt denn nich gleich?“
\n„Sag ich doch.“
\n„Nee, Sie haben Brezel gesagt und K\u00e4nnchen.“
\n„Das haben Sie ja nicht.“
\n„Doch, Brezel hammwer.“
\n„K\u00e4nnchen, meine ich.“
\n„K\u00e4nnchen hammwer nich.“
\n„Na also, dann bringen Sie mir weil sie keine K\u00e4nnchen haben, doch bitte den Kaffee in einem Pott und weil Sie doch Kuchen haben, bringen Sie mir bitte auch Kuchen.“
\n„Also einma‘ Pott Kaffee und einma‘ Kuchen?“
\n„Genau.“
\n„Kein Brezel?“
\n„Nein und kein K\u00e4nnchen.“
\n„Hammwer doch nich.“
\n„Ist ja auch nicht schlimm, ich will ja auch weder das eine noch das andere.“
\n„Wie, jetzt doch kein Kuchen und kein Kaffee?“
\n„Doch, aber keine Brezel und kein K\u00e4nnchen.“
\n„Wissen ’se watt? Fr\u00fcher war datt doch einfacher, wo es drau\u00dfen nur K\u00e4nnchen gab.“
\n„F\u00fcr Sie vielleicht.“
\n„Also wollen se jetzt Kuchen?“
\n„Ja, bitte.“
\n„Gut, dann bring ich den jetzt.“
\n„Ja und Kaffee.“
\n„Aber nur im Pott odda inne Tasse.“
\n„In einer Pott-Tasse bitte.“
\n„Wattenu? Pott oder Tasse?“
\n„Sie sagten doch selbst, da\u00df der Pott nur eine gro\u00dfe Tasse sei, also ist doch Tassenpott oder Potttasse eine v\u00f6llig korrekte Bezeichnung?“
\n„Sagen Sie mal, wollen Sie mich verarschen?“
\n„Nein, warum sollte ich.“
\n„Weil Sie immer K\u00e4nnchen wollen.“
\n„Immer? Das stimmt doch gar nicht! Vierzig Jahre lang habe ich niemals ein K\u00e4nnchen gewollt, aber man hat mich \u00fcberall gezwungen, eins zu kaufen, zum doppelten Preis einer Tasse Kaffee obwohl nur anderthalb Tassen drin sind. Jetzt will ich mal ein K\u00e4nnchen, dann haben Sie keins. Finden Sie das in Ordnung?“
\n„Mu\u00df ich mit meinem Chef besprechen. ich bring jetzt einen Pott Kaffee und ein St\u00fcck Kuchen.“
\n„Ja, bitte.“
\n„Aber Streuselkuchen!“
\n„Hammwer nich.“
\n„Was haben Sie denn f\u00fcr Kuchen?“
\n„Muss ich nachgucken gehen, vorhin hatten wir noch Kirsch und Marmor.“
\n„Dann nehm ich Marmorkuchen.“
\n„Gut.“<\/p>\n

2 Minuten sp\u00e4ter.<\/p>\n

„Marmor ist aus.“
\n„Ach, kommt der wieder?“
\n„Watt?“
\n„Wenn er aus ist, kommt der zur\u00fcck oder bleibt der fort?“
\n„Wir haben noch Kirsch.“
\n„Gut, dann nehme ich doch lieber einen Brezel.“<\/p>\n

Warum ist die Frau schreiend davongelaufen? Ich wollte doch nur mal drau\u00dfen ein K\u00e4nnchen Kaffee trinken.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Die Luft laut, der Himmel blaut, ein einzeln W\u00f6lklein zieht. Es ist Fr\u00fchjahr, die Knospen zwitschern und die V\u00f6glein springen auf. Der milde Sonnenschein der ozonlochverst\u00e4rkten Fr\u00fchjahrssonne treibt mich nach<\/p>\n

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