{"id":1303,"date":"2015-01-07T17:33:16","date_gmt":"2015-01-07T16:33:16","guid":{"rendered":"http:\/\/dreibeinblog.de\/nur-mal-eben-sand-kaufen\/"},"modified":"2015-03-15T18:35:48","modified_gmt":"2015-03-15T17:35:48","slug":"nur-mal-eben-sand-kaufen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/dreibeinblog.de\/nur-mal-eben-sand-kaufen\/","title":{"rendered":"Nur mal eben Sand kaufen"},"content":{"rendered":"

„Wir brauchen noch Sand“, sagt die Allerliebste und ich stelle mir die Frage, was sie damit will. Schon allein die Aussage, „wir“ br\u00e4uchten Sand, entbehrt ja jeglicher Grundlage, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, was ich mit Sand anfangen sollte. Wir bauen nicht, wir haben keinen Sandkasten und eine Sturmflut, die das Anfertigen von Sands\u00e4cken notwendig machen w\u00fcrde, haben wir auch nicht zu erwarten. Somit kann es sich nur um eine der f\u00fcr Frauen typischen \u00dcbertragung der eigenen W\u00fcnsche auf ihren Mann handeln.\n<\/p>\n

Ich habe keine Lust, ins Gartencenter zu fahren, denn in wenigen Minuten spielt mein Verein und ich m\u00f6chte gerne die \u00dcbertragung sehen.<\/p>\n

„Wozu brauchst du Sand?“ frage ich und sie schaut mich mit gro\u00dfen Augen an. In ihrer Stimme schwingt Entr\u00fcstung mit:<\/p>\n

„Na, f\u00fcr die Kakteen!“<\/p>\n

Dabei wackelt sie so mit dem Kopf, und dieses Wackeln sagt alles aus: Du hast mir wieder nicht zugeh\u00f6rt, du h\u00f6rst mir niemals zu, ich kann ja sagen was ich will, es dringt bei dir nicht bis ins Hirn, dabei ist Sand doch wichtig f\u00fcr die Kakteen und ich habe es dir erst gestern gesagt, du hast sogar genickt und jetzt weisst du wieder von nichts.
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\n„Aha“, sage ich und setze den Blinker rechts, um ins n\u00e4chste Gartencenter abzubiegen.<\/p>\n

„Guck, da links ist ein Gartencenter!“, freut sich die Allerliebste und zeigt nach rechts. Ist ja klar!<\/p>\n

Im Gartencenter dr\u00fcckt sie mir einen Euro in die Hand, damit ich einen Einkaufswagen holen kann. „Nicht, da\u00df du den schweren Sack dann tragen mu\u00dft“, sorgt sich meine kleine Halbungarin um mich und ich gebe Gas. In fast schon atemberaubender Geschwindigkeit schiebe ich mit dem Wagen durch die G\u00e4nge in Richtung Blumenerde und Sand. Man(n) darf da nicht langsam machen, sonst bleibt die Frau bei jedem Regal stehen und findet alles s\u00fch\u00fc\u00df oder sch\u00f6h\u00f6n, manchmal aber auch niiiiiiiedlich oder einfach nur „ui“.
\nRatzfatz habe ich einen 3 Kilo-Beutel Sand aufgeladen, den will die Allerliebste mit Blumenerde mischen, damit ihr dummer, stacheliger Kaktus richtig wachsen kann.<\/p>\n

Schon bin ich wieder auf dem Weg zur Kasse, da bremst mich ein „Moment mal, Schatz!“ aus. Die Allerliebste hat sich an einem Regal mit gr\u00fcnen Porzellanfr\u00f6schen festgebissen. „S\u00fch\u00fc\u00df!“
\nIch wei\u00df was kommt und beuge dem stundenlagen Aussuchen und Sch\u00f6nfinden einfach dadurch vor, indem ich mit einer ausholenden Bewegung s\u00e4mtliche 24 verschiedenen Porzellanfr\u00f6sche in den Einkaufswagen fege.<\/p>\n

„So, komm, wir gehen bezahlen!“ gebe ich das Kommando und steuere in Richtung der leeren Kassen.<\/p>\n

„Warte mal!“<\/p>\n

„Nee, komm jetzt!“<\/p>\n

„Ganz kurz, nur mal eben Servietten kaufen.“<\/p>\n

Noch bevor ich etwas sagen kann, ist die Allerliebste in der Dekorationsabteilung verschwunden. Jeder Kaufmann kennt den Begriff „Quengelware“. Das sind die h\u00fcbschen bunten Spielzeuge und S\u00fc\u00dfigkeiten, die vorne an der Kasse aufgeh\u00e4ngt werden und die Kinder zum Quengeln, und die genervten Eltern zum Kaufen veranlassen. Im Gartencenter ist das die in Kassenn\u00e4he untergebrachte Dekorations- und Bastelabteilung.
\nIch lasse den Wagen stehen und laufe der Allerliebsten hinterher um sie daran zu erinnern, da\u00df ich nur noch 3 Minuten Zeit habe, um den Anpfiff nicht zu verpassen. Wenn ich 280 fahre, schaffe ich das noch!<\/p>\n

„Och, was sind die sch\u00f6n!“ t\u00f6nt es mir entgegen und die Allerliebste hat drei gro\u00dfe wei\u00dfe B\u00e4lle aus Styropor in den H\u00e4nden.<\/p>\n

„Und was willst du damit?“<\/p>\n

„Da k\u00f6nnte man irgendwas mit basteln.“<\/p>\n

„Wie irgendwas?“<\/p>\n

„Na irgendwas eben.“<\/p>\n

„Dann kauf die drei B\u00e4lle und wir gehen.“<\/p>\n

„Prima!“<\/p>\n

Die drei Styroporb\u00e4lle landen im Einkaufswagen und so ganz nebenbei legt die Allerliebste noch eine Bastelpackung f\u00fcr ein Krokodil aus Filz dazu. Nein, zur Kasse k\u00f6nnen wir noch nicht, sie braucht noch den passenden Klebstoff und etwas Draht. Ich solle nicht immer nur an mich und meinen bl\u00f6den Sport denken. Schlie\u00dflich w\u00e4re der Sport f\u00fcr sie stinklangweilig und w\u00e4hrend ich den doofen Sportlern zugucke, k\u00f6nne sie ja das Krokodil basteln….<\/p>\n

Ich nehme die Sache selbst in die Hand, fahre zwei alte Frauen \u00fcber den Haufen und bugsiere den Einkaufswagen durch die G\u00e4nge in Richtung Klebstoff. Da ich nicht wei\u00df, welcher sich besonders gut f\u00fcr Krokodile eignet, nehme ich von jeder Sorte eine Tube und gleich noch sechs Rollen Draht in verschiedenen St\u00e4rken.<\/p>\n

Die Allerliebste strahlt und freut sich, da\u00df das so schnell gegangen ist. Nun, jetzt hat sie ja Zeit, um noch mal eben ganz schnell bei den bunten Flaschen vorbeizuschauen.<\/p>\n

„Ich gehe jetzt an die Kasse“, sage ich: „Entweder du bist rechtzeitig da oder du hast eben Pech.“<\/p>\n

„Wenn du meinst“, grinst sie mich rotzfrech an und winkt mit der Kreditkarte. Da wird mir schlagartig klar, da\u00df sie noch den Geldbeutel und die Scheck- und Kreditkarten vom vorherigen Einkauf einstecken hat. Irgendwie hat sie die besseren Argumente.<\/p>\n

Als wir wieder vor unserem Haus angekommen sind, h\u00f6re ich durch die ge\u00f6ffneten Fenster in der Nachbarschaft den Halbzeitpfiff. Wenn ich mich beeile, schaffe ich es, in der Pause nach oben zu kommen, den Fernseher anzuschalten, meine Chips und mein Bier hinzustellen und kann dann wenigstens noch die zweite Halbzeit sehen. Die ist ohnehin viel spannender.<\/p>\n

„Und was glaubst du, wer das ganze Zeug hochtr\u00e4gt?“ fragt die Allerliebste, stemmt die H\u00e4nde in die H\u00fcften und tippt so auffordernd mit dem linken Fu\u00df.
\nMan glaubt ja gar nicht, was so ein einzelner Mann alles tragen kann, wenn es darauf ankommt. Ich bin bepackt wie ein Karawanenkamel, w\u00e4hrend ich nach oben steige. Aber ich bin voll der Hoffnung, da\u00df die Allerliebste gleich anf\u00e4ngt, ihr Krokodil zu basteln oder irgendwas mit den Styroporkugeln macht. Sie ist ja von Natur aus etwas ungeschickt und wird eine ganze Weile besch\u00e4ftigt sein. Dann h\u00e4tte ich meine Ruhe.<\/p>\n

Sie baut ihren Bastelkram in der K\u00fcche auf, ich setze mich vor die zweite Halbzeit.<\/p>\n

„Kannst mir das mal abschneiden?“<\/p>\n

Da steht sie, mit einer Rolle Basteldraht in mittlerer St\u00e4rke und einer kleinen Nagelschere und schaut mich mit ihren M\u00e4dchenaugen an. Was bleibt mir anderes \u00fcbrig, als schnell mal die Drahtzange aus dem Keller zu holen.
\nAls ich wiederkomme, hat sie das Bastelzeug aus der K\u00fcche ins Wohnzimmer verfrachtet und im Fernsehen eine andere Sendung eingeschaltet.<\/p>\n

„Okay“, sage ich, „du kannst meinetwegen hier basteln, du kannst im Fernsehen einschalten was du willst, aber ich stelle eine Bedingung…“<\/p>\n

„Und welche?“<\/p>\n

„Schalte um und mach den Roger Willemsen weg, ich kann alles ertragen, nur den nicht!“<\/p>\n

Sie zappt weiter, auf dem Bildschirm erscheint Florian Silbereisen und ich bekomme einen W\u00fcrgereiz.<\/p>\n

„Na gut“, sagt die Allerliebste, „ich mach den Fu\u00dfball wieder an.“<\/p>\n

Das will ich aber nicht, denn noch schlimmer als gar keinen Fu\u00dfball gucken zu k\u00f6nnen, ist Fu\u00dfball mit einer quaselnden und bastelnden Frau im selben Zimmer.<\/p>\n

Ich wei\u00df zwar nicht, wie mein Verein gespielt hat, aber das Krokodil ist sehr sch\u00f6n geworden.<\/p>\n

Bildquellen:<\/strong>