{"id":130,"date":"2006-08-26T17:21:15","date_gmt":"2006-08-26T15:21:15","guid":{"rendered":"http:\/\/dreibeinblog.de\/?p=130"},"modified":"2012-11-20T17:22:35","modified_gmt":"2012-11-20T16:22:35","slug":"probier-doch-mal","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/dreibeinblog.de\/probier-doch-mal\/","title":{"rendered":"Probier doch mal!"},"content":{"rendered":"

Anke hat da so eine Art, beim Essen immer zu sagen: \u201ePobier doch mal, ist wirklich lecker!\u201c Dann nimmt sie ihre Gabel, best\u00fcckt mir irgendetwas, was ich nicht mag und fummelt mir damit unter der Nase herum.<\/span><\/p>\n

Ich deutete ja schon an, dass ich die M\u00f6glichkeit nicht ausschlie\u00dfe, da\u00df meine Allerliebste Vorfahren hat, die reitenderweise durch die ungarische Steppe zogen. Hier irgendwo m\u00fcssen die Wurzeln f\u00fcr bestimmte Speisen liegen, die sie zubereitet.<\/span><\/p>\n

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Ich esse ja im Grunde genommen alles. Auch alles was die Liebste kocht. Eins aber finde ich grauenvoll: Bratkartoffeln mit Milch! Tats\u00e4chlich! Dieser Mensch macht sich wirklich Bratkartoffeln und taucht sie mit dem L\u00f6ffel in frische Milch, um dann beides gemeinsam zu essen. Jedem das seine! Ich mag das nicht! Das widert mich an. <\/span><\/p>\n

\u201eProbier doch wenigstens ein bi\u00dfchen, das ist ganz lecker!\u201c, meint Anke und schiebt mit einen L\u00f6ffel voll in den Mund.<\/span><\/p>\n

Es ist grauenvoll! Mit ekelverzerrtem Gesicht gelingt es mir, den Bissen hinunterzuw\u00fcrgen. Wenn man nicht durch die Nase atmet, geht das.<\/span><\/p>\n

\u201eNa, sag schon! Das schmeckt!\u201c, fragt sie nicht, sondern beschlie\u00dft es einfach und f\u00fcllt mir den ganzen Teller mit dem Zeug.<\/span><\/p>\n

Einmal hat sie von irgendjemandem ein Rezept bekommen. Herrliche Marmelade aus Tomaten und Broccoli. Wie bitte? Ja, aus Tomaten und Broccoli! Keine Nudelsauce, sondern klebrige, s\u00fc\u00dfe Marmelade. Absolut grauenvoll! Ich k\u00f6nnte die Freundin, die ihr dieses Rezept gab, vierteilen!<\/span><\/p>\n

\u201eProbier doch wenigstens mal ein kleines St\u00fcck! Ist lecker!\u201c, und schon stopft sie mir ein St\u00fcck Brot mit dieser Uns\u00e4glichkeit in den Mund. Es ist wirklich schrecklich! Ich drohe ihr seitdem damit, sofort und ohne Ank\u00fcndigung quer \u00fcber den Tisch zu kotzen, wenn sie das noch einmal macht. Das hilft. Sie unterl\u00e4sst es seit dem, mir ungefragt bestimmte Ungenie\u00dfbarkeiten aufzuzwingen. Stattdessen verlegt sie sich darauf, Essen zu tauschen.<\/span><\/p>\n

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Vor allem im Restaurant sagt sie sehr gerne: \u201eAm besten, jeder bestellt sich was anderes, so k\u00f6nnen wir tauschen! Da kann jeder mal alles probieren!\u201c<\/span><\/p>\n

Wie bitte? Wenn ich in einem Restaurant bin, bekomme ich eine Speisekarte. Daraus w\u00e4hle ich das aus, was ich am liebsten essen m\u00f6chte. Vielleicht gibt es da noch das eine oder andere, was ich auch gerne h\u00e4tte, aber f\u00fcr irgendwas mu\u00df man sich ja entscheiden. Im Zweifelsfall f\u00fcr das, was einem am besten schmeckt.<\/span><\/p>\n

Wenn da nun andere am Tisch sitzen, ist es in 90% der F\u00e4lle so, da\u00df sie sagen: \u201eAch, wei\u00dft du was? Das nehme ich auch!\u201c Der Prozentsatz steigt proportional zu der Quote, der am Tisch sitzenden Frauen.<\/span><\/p>\n

In solchen F\u00e4llen w\u00e4re es, aus naheliegenden und logischen Gr\u00fcnden ja ohnehin vollkommen zwecklos, das Essen zu tauschen. (Okay, ich gebe zu: Ein Mal hat mir das eine Freundin sogar vorgeschlagen. Aber das verwundert nicht, denn ich sprach ja im vorherigen Satz von naheliegenden und logischen Gr\u00fcnden und au\u00dferdem war diese Freundin innen und au\u00dfen blond.)<\/span><\/p>\n

In vielen anderen F\u00e4llen haben sich die Leute alle etwas unterschiedliches bestellt. Damit haben sie ihrerseits zum Ausdruck gebracht, da\u00df sie eine bestimmte Speise besonders gerne m\u00f6gen.<\/span><\/p>\n

Durch nichts in der Welt wird aber mit dieser Entscheidung begr\u00fcndet, da\u00df ich das auch haben m\u00f6chte!<\/span><\/p>\n

Also Fisch, zum Beispiel. Ich mag ja ganz gerne Fisch, aber eben nicht immer. Da mu\u00df ich Appetit drauf haben. Oder Lamm, das mag ich gar nicht. Oder Salat ohne Dressing, aber das hatten wir ja schon.<\/span><\/p>\n

Wenn ich mich f\u00fcr etwas entschieden habe, dann freue ich mich auch darauf. Ich wei\u00df gar nicht, warum ich mein Essen nach den ersten Bissen mit jemand anderem tauschen soll. Vor allem dann nicht, wenn der andere Lamm, Fisch oder Trockensalat hat!<\/span><\/p>\n

Anke kann nicht anders. Sie will immer tauschen: \u201eAch komm, la\u00df uns tauschen! Meins ist sehr lecker!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eDann i\u00df es doch!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eJa aber ich will auch von dem, was du hast!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eDann schneide ich dir jetzt etwas ab und du kannst probieren.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eDu mu\u00dft aber auch von meinem probieren!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eNee, la\u00df mal, ich esse dann meins weiter.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eAch, la\u00df uns doch tauschen!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eIch wollte das gerne haben und freue mich so drauf. Jetzt esse ich das auch.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eDann la\u00df mich noch mal probieren. Hmmm, ist lecker!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eJa, deshalb hab ich mir das auch bestellt.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eEigentlich k\u00f6nnten wir tauschen. Meins ist auch lecker.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eIch will aber nicht.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eImmer willst du nicht! Wenn wir tauschen, k\u00f6nnte jeder einmal alles probieren!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eIch will aber nur meins haben.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eMeins ist aber wirklich lecker!\u201c<\/span><\/p>\n

Gut! Ich wollte meinen Frieden und schlie\u00dflich willigte ich ein. Wir tauschten.<\/span><\/p>\n

Die Allerliebste schiebt mir ihren Teller r\u00fcber und bekommt daf\u00fcr meinen.<\/span><\/p>\n

Ihr Essen ist auch ganz in Ordnung. Also esse ich es. Sie hingegen probiert von dem, was ich mir eigentlich bestellt habe und offenbar schmeckt es ihr doch nicht so richtig. Es dauert nicht lange und sie meint: \u201eSo, jetzt haben wir beide alles probiert, jetzt k\u00f6nnen wir zur\u00fccktauschen!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eWas? Wir haben doch eben erst getauscht. Jetzt mag ich nicht mehr umtauschen!\u201c, wehre ich mich gegen ihr Ansinnen.<\/span><\/p>\n

\u201eAch komm! La\u00df uns doch mal tauschen!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eAnke, wir machen uns l\u00e4cherlich, wenn wir immer die Teller hin und her tauschen. I\u00df das doch jetzt fertig.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eNein, ich habe mir in der Speisekarte extra das andere ausgesucht, das was du jetzt hast! Das will ich auch essen!\u201c<\/span><\/p>\n

Also gut! Soll meine Frau doch ihren Willen haben! Wir tauschen wieder zur\u00fcck.<\/span><\/p>\n

Es dauert keine zwei Minuten, da meinte die Allerliebste: \u201eAch, so ein kleines H\u00e4ppchen k\u00f6nntest du mir von deinem Essen noch mal geben.\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eAnke! Jetzt reicht\u2019s!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eAber warum denn nicht? So k\u00f6nnte jeder mal alles probieren!\u201c<\/span><\/p>\n

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Ein besonderes Gl\u00fcck ist es f\u00fcr Anke, da\u00df in der N\u00e4he ein Chinese ein Lokal er\u00f6ffnet. Der hat einen gro\u00dfen runden Tisch mit einer drehbaren Platte in der Mitte. Da kann man die \u201aPlatte der himmlischen K\u00f6stlichkeiten\u2019 bestellen. Und jeder kann alles probieren! <\/span><\/p>\n

Normalerweise m\u00fc\u00dfte Anke jetzt zufrieden sein. Vielleicht bin ich komisch, wer wei\u00df? Aber bei mir ist das so, da\u00df ich bei einer solchen Platte zwar alles einmal probiere, mich dann aber f\u00fcr ein oder zwei Sachen entscheide, die mir besonders gut schmecken.<\/span><\/p>\n

Das entgeht dem Blick einer Frau nat\u00fcrlich nicht, zumindest nicht dem Blick meiner Frau: \u201eDu hast das hier noch gar nicht probiert!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eDoch, hab ich. Ich hab alles probiert. Ist alles lecker!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eWarum nimmst du dann immer nur das eine? Schmeckt dir das andere nicht?\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eDoch, ist alles lecker, aber das hier ist besonders gut!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eProbier doch mal das hier, das schmeckt!\u201c<\/span><\/p>\n

\u201eHab ich doch schon gehabt“, sage ich und dann sagt meine Frau: „Du nimmst immer nur das Gleiche! Extra wegen dir hab ich die \u201aHimmlischen K\u00f6stlichkeiten\u2019 bestellt, weil du immer alles probieren willst! Schon seit wir uns kennen, willst du doch immer alles probieren!\u201c<\/span><\/p>\n

Kommt Gattinnenmord in den zehn Geboten vor?<\/span><\/p>\n

Nein, ich denke nicht wirklich daran, meine Frau ins Jenseits zu bef\u00f6rdern. Sie ist zu beliebt. Ihr Verschwinden w\u00fcrde einfach zu schnell auffallen.<\/span><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Anke hat da so eine Art, beim Essen immer zu sagen: \u201ePobier doch mal, ist wirklich lecker!\u201c Dann nimmt sie ihre Gabel, best\u00fcckt mir irgendetwas, was ich nicht mag und<\/p>\n

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