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Kürbiscremerahmsuppe

frau ruckdäschl

Irgendwas riecht komisch in der Küche. Das ist manchmal so und meistens reicht es aus, wenn ich das Küchenfenster schließe, denn normalerweise kommen üble Küchengerüche von draußen. Das liegt daran, daß hier im Haus alle Küchen übereinander liegen und wenn die Ruckdäschl unten ihren Labskaus oder ihre unübertroffene Matjestorte zubereitet, kann es schon mal vorkommen, daß ein doch recht merkwürdiger Geruch um die Häuser schleicht, mit Vorliebe durchs Fenster zu uns in die Küche.

Aber gestern hat das Schließen des Fensters den Geruch nicht beseitigt, im Gegenteil, er nahm zu; ein untrügerisches Zeichen dafür, daß er in unserer Küche entsteht.
Also begab ich mich auf die Suche und kontrollierte zunächst mal den Mülleimer, aber aus dem roch es nur nach dem frisch eingeworfenen Kaffeefilter. Meine Nase signalisierte Südsüdost und da steht unser Kühlschrank. Als ich ihn öffnete, wußte ich, daß ich die Quelle des nasalen Übels gefunden hatte, es roch erbärmlich.

Irgendwann in grauer Vorzeit hatten die Kinder einige Zucchinis mitgebracht, die ihnen der Opa geschenkt hatte. Unsere Kinder sind ja nicht gerade dadurch bekannt, daß sie besonders schweigsam sind. Aber in diesem Fall haben sie nichts von diesen Zucchinis erzählt und sie einfach unten ins Gemüsefach gelegt. Irgendwer, vermutlich das halbungarische Rasseweib an meiner Seite, hat dann einige Beutel mit Sauerkraut darübergelegt, was eine Dummheit war, denn so gerieten die Zucchinis in Vergessenheit und erstaunlicherweise erst nach Wochen in Verwesung.

Man könnte sagen, daß sie sich in ihre chemischen Grundbestandteile zerlegt haben, was einer braunen stinkenden Brühe entspricht.
Da Männer heute nicht mehr mit der Keule auf die Jagd gehen dürfen oder die Weiber des benachbarten Stammes an den Haaren in die eigene Höhle schleifen dürfen, suchen sie sich Ersatzbefriedigungen. Da mir dauerndes Biersaufen und Fußballgröhlen aber nicht gefällt, spiele ich Orgel und putze. Mit Orgelspielen, soviel war mir klar, konnte ich die Sauerei im Kühlschrank aber nicht beseitigen, weshalb ich mich, gestützt auf unübertreffliche männliche Logik, auf das Putzen verlegte.

Den braunen Rotz kippte ich ins Klo und wusch die Gemüseschale mit heißem Spülwasser klinisch rein. Dann rückte ich dem ganzen Gemüsefach mit Ammoniaklösung zu Leibe. Frauen kaufen ja so einen Scheiß aus der Fernsehwerbung, irgendeinen Dreck, der zwar nach Maiglöckchen riecht, aber niemals richtig sauber macht. Ich bin ein Mann und ein Mann putzt mit Ammoniak, Soda und Chlor!

Von unten putzte ich mich so nach oben und entdeckte so allerlei merkwürdige Hinterlassenschaften der vergangenen Wochen. Ich muss dazu sagen, daß wir zwei Kühlschränke haben. Der eine enthält Wurst, Käse, Marmelade und alles was man so zum Kochen braucht. Der andere und das ist der um den es hier geht, dient zur Lagerung von Getränken und fertig zubereiteten Speisen. Andere Sachen kommen da nur ausnahmsweise rein. Und an diesen Kühlschrank muß ich normalerweise nur, um Sachen hineinzustellen. Leerfressen tun ihn normalerweise unsere Kinder.

Bei der putztechnischen Inspektion kamen aber allerlei Sachen zutage, die ich längst vertilgt glaubte und von denen ich annahm, sie seien seit Wochen gegessen und verdaut. Es ist uns schon des öfteren aufgefallen, daß die Kinder in letzter Zeit zu Otten neigen. Otten, das sind in Ruhrgebietsdeutsch Reste. „Lass mir bloß keine Otten übrig!“ pflegte meine Mutter zu sagen, wenn sich bei Tisch noch eine einsame Kartoffel in der Schüssel lümmelte.
Und Otten haben im Kühlschrank den unüberwindlichen Drang, sich irgendwo ganz hinten, ganz unten zu verstecken.
Also holte ich mir den Mülleimer herbei und sortierte den Inhalt des Kühlschranks nach den Kriterien genießbar und ungenießbar. Ich will gar nicht im Einzelnen aufführen, was ich da alles an Erstaunlichkeiten gefunden habe, es war aber eine ganze Menge. Unter anderem eine Plastikschüssel, die vermutlich mal irgendein Püree enthalten hatte. Als ich den Deckel öffnete, befand sich aber nur noch eine orangefarbene Brühe darin, in der irgendwelche weißen Flocken schwammen. Gleich ab ins Klo!

So eine Stunde habe ich Otten aussortiert und Kühlschrank desinfiziert, dann roch es wieder antiseptisch rein. Gut!

Als später am Tag die Allerliebste nach Hause kam, berichtete ich stolz von meiner klinischen Desinfektionstätigkeit und sie zeigte sich hochzufrieden. Wegen der Otten und der ohne Ankündigung im Kühlschrank verstauten Zucchinis nahm sie sich die Kinder zur Brust: „Es kann ja wohl nicht sein, daß ihr einfach irgendwelche Sachen in den Kühlschrank legt und niemandem etwas davon sagt!“
Betroffen standen die Kinder vor ihr, während das Donnerwetter der Mutter über sie herunterprasselte. „Wenn wir nicht wissen, was ihr alles in den Kühlschrank stellt, kann es sein, daß das faul wird weil ihr euch dann nicht mehr darum kümmert. In Zukunft werfen wir alles sofort weg, von dem wir nicht wissen wo es herkommt und wie lange es schon im Kühlschrank steht, ist das klar?“

Besser hätte ich es auch nicht sagen können, dachte ich, legte im Wohnzimmer die Füße hoch und nahm einen gemütlichen Zug aus meiner Wasserpfeife und wandte mich einem schönen dicken Buch zu.

Lassen wir es eine Stunde gewesen sein, die vergangen war, als die Allerliebste mich in meinem Dösen störte: „Sag mal, wo ist eigentlich meine Kürbiscremerahmsuppe?“

„Was für eine Kürbiscremerahmsuppe?“

„Na die aus dem Kühlschrank!“

„Und wo soll die hergekommen sein? Ich kann mich nicht erinnern, daß ich Kürbissuppe gekocht haben sollte.“

„Die habe ich von Frau Ruckdäschl bekommen und in den Kühlschrank gestellt. Jetzt wollte ich sie mir heiß machen und sie ist weg.“

Ich musste nicht lange überlegen, da wurde mir klar, daß die Dose mit der orangefarbenen Püreebrühe und den weißen Flocken wohl jene ominöse Kürbiscremerahmsuppe enthalten haben musste.

„Die habe ich weggeschüttet.“

„Was hast Du???!!!“

„Weggeschüttet.“

„Ja, um Himmels Willen, warum das denn? Die war doch noch gut.“

„Und woher hätte ich das wissen sollen? Du hast doch vorhin selbst gesagt, daß wir alles wegwerfen, von dem wir nicht wissen woher es kommt und wie lange es schon im Kühlschrank herumgammelt.“

„Aber doch nicht MEINE Kürbiscremerahmsuppe!“

„Erstens hatte ich keine Ahnung, daß da überhaupt so eine Suppe im Kühlschrank ist und zweitens….“

Sie schneidet mir das Wort ab: „So? Muss ich jetzt etwa noch Rechenschaft ablegen, was ich in den Kühlschrank tue?“
Entrüstung schwingt in ihrer Stimme mit.

Ich saugte an meiner Wasserpfeife, schloss einfach nur die Augen und wünschte mir, ich hätte ausnahmsweise mal was anderes zum Rauchen als diesen Pflaumentabak aus Kairo.


Hinweis: Chlor, Soda und Ammoniak oder andere Putzmittel niemals zusammen verwenden!


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Lesezeit ca.: 8 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 11. Februar 2014 | Peter Wilhelm 11. Februar 2014

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