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Kindheitserinnerungen

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fingervorlinseDie Segnungen des Privatfernsehens sind in ihrer Vielfalt wahrlich beeindruckend.
Nachdem dem unterhaltungsinteressierten Konsumenten erfolgreich vermittelt wurde, dass es sich bei Privatbrauerei, Privatparkplatz und privatversichert um etwas besonders Gutes wie schützenswertes handelt, ist zunächst ebenfalls davon auszugehen, das Privatfernsehen auch etwas Besonderes an sich hat. Und ich habe festgestellt:
Ja, dem ist so! Allerdings nur, wenn man besonders eher im Sinne von speziell zu deuten vermag. Eine konkrete Idee davon, was sich Helmut Kohl und Christian Schwarz-Schilling in den 1980er Jahren unter der neuen Programmvielfalt vorgestellt haben, wurde mir erst kürzlich vermittelt. Nach einem gepflegten Fernsehabend saß ich bei einem lieben Freund noch auf der Couch und wir zappten uns durch das Nachtprogramm.

Die Gattin des Hausherrn war bereits zu Bett gegangen und es wurden vermehrt die vielen fast ausschließlich hautfarbenen Werbeblöcke kommentiert. Ich staunte über die schier endlose Zahl der Satellitenfernsehprogramme, die ich als DVB-T-Empfänger nicht kannte, ja noch nicht mal erahnte, dass sie überhaupt existierten.

Nachdem wir kurz bei Damen in den besten Jahren verweilten, die ich von Körperbau und Rezipientenansprache eher hinter einer Wursttheke vermutet hätte – die sich hier aber im Segment der Lebensberatung verdingten – trafen wir nach erfolgreichem Kanalwechsel unvermittelt auf ein weibliches Genital, das sprechen konnte. „Schaaatzi“, sprach es zu uns mit einem starken slavischen Einschlag, „kooom in meinen Muuund“. Jetzt war ich beeindruckt. So etwas gab es in der Welt von meinem RTL und einem emotionsmotorisierten Sat-Senders meines Wissens noch nicht: Sprechende Muschis. „Schaaatzi“, sprach es wieder, „kooom in meinen Muuund“ – ob Lenßen und Partner davon wussten? Vera? Ist das nicht was für Kalkofe? Raab?

„KOOOOOM IN MEINEN MUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUUND“ – die Stimme zerriss meine Gedanken und wurde fordernder. Ich, der trotz seines verhältnismäßig jungen Alters nur mit drei öffentlich rechtlichen Programmen und RTL wie Sat.1 „mit Schnee“ aufgewachsen war, war verstört wie begeistert zugleich. Wer sich aktuell über die Tannhäuser-Inszenierung ereifert, sollte zur persönlichen Bereicherung einfach mal nachts fernsehen. Zurück zum Thema: Bei Schatzi handelte es sich um Rudolf, einen – der Stimme nach zu urteilen – kettenrauchenden Frührentner aus Sachsen. Rudolf hatte an diesem Abend nur eine Mission: Die Dame aus dem Osten sollte sich ihren Finger mit dem ungelenk aufgeklebten Kunstnagel „tieeeef“ in ihren Mund stecken. Ganz tief. Um ihren Würgereflex wissend vermied das die Anruf-Animateurin bis es Rudolf reichte. „Dann eben nicht!“ schreisächselte Rudolf ins Telefon und knallte den Hörer auf die Gabel.

Sehr richtig – man muss es so halten, wie es uns Peter Lustig einst am Ende jeder Sendung gesagt hat: „Einfach mal – Abschalten.“ Irgendwie wünsche ich mir das Fernsehprogramm meiner Kindheit zurück.

Autor: Frank Mischkowski


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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 15. September 2014 | Frank Mischkowski 15. September 2014

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