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Kaffeefahrten – Abzocke bei Senioren

Bei Kaffeefahrten werden Senioren regelrecht abgezockt. Kaffeefahrten dienen niemals dazu, den Teilnehmern eine Freude oder gar einen schönen Tag zu bereiten, sondern immer dazu, Produkte zu verkaufen. Diese sind oft überteuert, von zweifelhafter Qualität und die Veranstaltungen finden allzu oft unter sehr dubiosen Umständen statt. Ein Grund mehr für das Dreibeinblog, da einmal näher hinzuschauen:

Ältere Menschen leiden oft darunter, daß ihr Gesprächsbedarf nicht genügend befriedigt wird. Aus diesem Grund nehmen sie besonders gerne an Tagesfahrten teil. Eine schöne Busreise, gutes Essen, leckerer Kaffee und Kuchen und oft auch noch ein buntes Unterhaltungsprogramm, das erhoffen sich die Senioren. Gelockt wird überdies mit sagenhaften Gewinnen und Geschenken, da sieht der eine oder andere auch gerne mal darüber hinweg, daß meist sogar deutlich sichtbar darauf hingewiesen wird, daß auch noch eine Werbeverkaufsveranstaltung stattfinden soll.
Viele vergessen aber: Der Veranstalter will nur das Geld der Teilnehmer. Die sollen Betten, Tinkturen, Badezusätze, Decken, Haushaltsgeräte usw. bestellen.

Über die Qualität der angebotenen Waren wäre höchst Unterschiedliches zu berichten. In manchen Fällen sind die Produkte von durchaus guter Beschaffenheit, oft handelt es sich aber auch um billigen Schund. Gemeinsam ist allen Waren, daß ihre Preise -im Vergleich zum Fach- oder Versandhandel- oft weit überzogen sind. Hinzu kommt, daß den Produkten durch die Verkaufsberater Eigenschaften zugesprochen werden, die sie nicht haben oder sogar gar nicht haben dürfen (z.B. Heilwirkung usw.).

Außerdem finden solche Fahrten und Verkaufstage oft in einem sehr fragwürdigen rechtlichen Rahmen statt. Entweder ist auf den Einladungen gar kein Veranstalter angegeben oder eine völlig unbekannte Firma bis hin zu nicht existierenden Firmen. In vielen Fällen fehlt auch eine behördliche Genehmigung für die Verkaufsveranstaltung.

Deshalb gilt grundsätzlich unser Rat:

* Fühlen Sie sich unter keinen Umständen zu einer Bestellung verpflichtet!
* Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht komplett verstanden haben!
* Am Besten Sie unterschreiben gar nichts!
* Lassen Sie sich die Adresse der Firma geben und erkundigen Sie sich im Fachhandel nach den Produkten!
* Bestellen Sie eventuell erst später von zu Hause aus!
* Nehmen Sie IMMER Ihr Handy mit!
* Nehmen Sie keine EC-Karte und keine größeren Mengen Bargeld mit!
* Nehmen Sie soviel Geld mit, daß Sie auch ohne den Busunternehmen nach Hause fahren können!
* Bitten Sie einen jüngeren Menschen, Sie zu begleiten!
* Zahlen Sie nichts an, bei unseriösen Firmen bekommen Sie bei einem Widerruf Ihr Geld nicht zurück!

Die Tricks der Veranstalter sind mannigfaltig. Das fängt schon bei der Wahl des Veranstaltungsortes an. Oft ist dies eine abgelegene Gaststätte und die Senioren geraten schon dadurch unter Druck, daß sie weit weg von zu Hause an einem fremden Ort sind. Hinzu kommen massive Einschüchterungsversuche bis hin zu Drohungen durch die Verkäufer. Es wird oft der Eindruck erweckt, eine Heimreise könne erst dann stattfinden, wenn zuvor eine bestimmte Anzahl von Produkten gekauft worden ist.

Im Saal sind oft Helfer der Verkäufer platziert, die Begeisterung vortäuschen und zum Schein die Produkte kaufen. Lassen Sie sich nicht in einen Begeisterungsstrudel hineinziehen, bleiben Sie kritisch!

Sobald Sie den Eindruck haben, daß Sie nicht mehr frei über sich selbst verfügen können: RUFEN SIE SOFORT PER HANDY DIE POLIZEI!

Rechnen Sie fest damit, daß man Sie bei eventueller Kritik einfach in der Fremde stehen lässt. Bewahren Sie Ruhe! Notieren Sie das Kennzeichen des Busses, merken Sie sich die Ortschaft und den Namen des Restaurants. Rufen Sie auch in diesem Fall die Polizei!

Verlassen Sie sich nicht darauf, daß es in der Einladung heißt, die Teilnahme an der Verkaufsveranstaltung sein freigestellt. Viele Senioren denken, sie könnten in dieser Zeit ja etwas anderes machen. Das ist ein Trugschluss! Die Lokale sind so weit außerhalb, daß Sie oft keine Möglichkeit haben etwas anderes zu machen. Außerdem besteht die Gefahr, daß man Sie nicht wieder mit zurück nimmt.
Vom Personal der Gaststätte haben Sie in der Regel keine Hilfe zu erwarten!

DER BESTE RAT: FAHREN SIE BEI SOLCHEN VERANSTALTUNGEN GAR NICHT ERST MIT!

Was aber tun wenn Sie doch etwas gekauft haben und nun den Kauf bereuen?

Das Haustürwiderrufsgesetz wurde zum 01.01.02 in das BGB §§ 312, 312 a integriert. Danach steht Ihnen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Sie können binnen 2 Wochen ohne Angabe von Gründen Kaufverträge, Reise-, Abo,-oder Lieferverträge, die auf Kaffeefahrten oder ähnlichen Veranstaltungen abgeschlossen werden, widerrufen. Am sichersten mit Einschreiben-Rückschein! Es gilt das Datum der Absendung. Der Widerruf muss nicht begründet werden. Die Firma muss im Anschluss eines Widerrufes eine schon bezahlte Summe innerhalb von 30 Tagen nach Abgabe der Widerrufserklärung zurückerstatten.

Aber in vielen Fällen werden Sie Probleme haben! Entweder reagiert die Firma nicht oder es gibt gar keinen korrekten Ansprechpartner. Meist ist nur der Busunternehmer oder das Lokal bekannt und eine Lieferfirma nicht greifbar. Verlassen Sie sich nicht auf Ihre Rechte!

Wenn Sie die Ware innerhalb der Widerrufsfrist bereits erhalten haben, können Sie den Widerruf genausogut durch Rücksendung der Ware erklären. Unser Rat: Heben Sie den Paketabschnitt gut auf.

Man kann nur unter bestimmten Umständen auch noch widerrufen, wenn die Ware erst Wochen nach Vertragsabschluss kommt. Sie haben also innerhalb der 14 Tage nicht widerrufen und die Ware kommt einige einige Wochen nach Vertragsabsschluss. Die Ware ist zwar in Ordnung, aber Sie wollen die Sachen trotzdem nicht behalten. Ist im Vertrag eine Belehrung über das Widerrufsrecht enthalten, ist kein Widerruf mehr möglich. Unser Ratschlag: Lassen Sie den Vertrag von Ihrer örtlichen Verbraucher-Zentrale überprüfen.

Tipp:
Wenn Sie einen Kaufvertrag unterschreiben, achten Sie unbedingt auf das korrekte Tagesdatum im Vertrag.
Unseriöse Vertreter lassen Bestellungen blanko ohne Datum unterschreiben oder geben ein zurückliegendes Datum an.

Achten Sie auch darauf, dass im Kaufvertrag der Firmenname leserlich angegeben ist. Eine Postfachadresse reicht nicht aus! Verlangen Sie einen Durchschlag von allen Bestellungen und Verträgen. Sonst wissen Sie hinterher nicht, an wen Sie sich wenden können und haben keine Kontrolle, ob nicht nachträglich an der Bestellung manipuliert wurde.

Wenn der Vertreter Rabatte auf die Waren nur gibt, wenn kein Vertragsdatum angegeben ist, sollten Sie besonders mißtrausch sein.

Ist im Kaufvertrag die Widerrufsklausel nicht enthalten, erlischt das Widerrufsrecht überhaupt nicht. Der Unternehmer kann den Verbraucher jedoch nachbelehren, ihm also im Nachhinein eine korrekte Widerrufsbelehrung zukommen lassen. Dann hat der Kunde nur noch einen Monat Zeit, den Vertrag zu widerrufen.

Und wie ist das jetzt mit den versprochenen tollen Gewinnen und Geschenken?
Diese Geschenke sind billiger Ramsch. So kann sich ein versprochener Wäschetrockner als simple Wäscheleine entpuppen, ein Handstaubsauger als klebrige Fusselrolle und ein „Fernseher“ ist ein billiges Plastikfernglas.
Natürlich sind falsche Versprechungen auf Kaffeefahrten strafbar. Aber oft wird zunächst eine Stimmung erzeugt, in der man diesen „Spaß“ (Wäscheleine statt Wäschetrockner) mitmacht. Doch diese Atmosphäre der Heiterkeit wird schnell umschlagen, wenn es ans Verkaufen geht!

Viele Verkäufer nutzen geschickt die Sorgen gerade älterer Verbraucher um ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen aus. Die angepriesenen Wundermittel und Gesundheitsprodukte halten in den seltensten Fällen, was die Verkäufer versprechen.
Grundsätzlich gilt: Verkäufer, die auf Kaffeefahrten Produkte wie Heilmittel, Magnetmatten, krebsheilende Fußbäder oder Rheumadecken anbieten und gleichzeitig auf deren heilende oder schmerzlindernde Wirkung hinweisen, verstoßen gegen das Heilmittelwerbegesetz.

Solche Produkte sollte man grundsätzlich NICHT KAUFEN! Gäbe es solche Wunderprodukte, würden sie sich über den normalen Handel rasant verkaufen und man müsste sie nicht im Hinterzimmer einer Kneipe anbieten!

Bei allen Problemen wenden Sie sich am besten an Ihre örtliche Verbraucherzentrale und an die Polizei.

Es ist auch eine gute Idee schon vor der Teilnahme an einer solchen Kaffeefahrt mit der Einladung zur Verbaucherzentrale zu gehen!


Ich habe noch einmal die wichtigsten Schlagwörter (Hashtags) dieses Artikels für Sie zusammengestellt, damit Sie sich besser orientieren können:

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ServiceWüste

In der „Servicewüste“ navigieren wir durch die oft trockenen Landschaften des Einzelhandels, der Behörden und des Online-Shoppings, wo Kunden sich vernachlässigt oder ungerecht behandelt fühlen. Diese Rubrik beleuchtet prägnante Beispiele solcher Erfahrungen. Doch es geht nicht nur um Kritik: Wir heben auch jene Oasen hervor, wo Unternehmen sich durch außergewöhnlich guten Service abheben und beweisen, dass eine „Servicewüste“ nicht die Norm sein muss.

Entdecken Sie mehr darüber, wie einige Marken es schaffen, in einer Welt voller Herausforderungen positiv aufzufallen.

Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 11. Februar 2014 | Peter Wilhelm 11. Februar 2014

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