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Ich bin ein Erdmännchen!

frau ruckdäschl

„Papa, ich bin ein Erdmännchen!“ kräht meine Kleine und hüpft durch die Wohnung als habe sie irgendein Insekt in den Hintern gestochen. Ich bin ja von Natur geduldig und so alles Mögliche gewohnt, vor allem aber bin ich oft genug von gleich zwei Frauen umgeben, weshalb mich eigentlich gar nichts mehr wundert. Also ist meine Tochter nun ein Erdmännchen, meinetwegen, ich kann’s ja nicht ändern. Hauptsache die heiratet später noch jemand, nicht daß ich auf dem Erdmännchen sitzenbleibe…

Ich nicke also nur zustimmend und ernte dafür einen dankbaren Blick meiner 10jährigen, die noch in die Küche hüpft und dann wieder zurückhüpft und so hüpfenderweise vor mir verharrt: „Mache ich da richtig so? Sieht das wirklich aus wie bei einem Erdmännchen?“

Nun bin ich ja ein Mann des Geistes und kenne mich in Flora und Fauna aus wie kaum ein anderer und deshalb sage ich: „Aber selbstverständlich, du machst das nahezu perfekt“, obwohl ich im Grunde gar nicht weiß, wie sich Erdmännchen fortbewegen.

Dazu muß man wissen, daß wir eine Satellitenschüssel haben und den Discovery-Kanal empfangen können. Auf diesem Sender wird im Grund rund um die Uhr das Paarungsverhalten ständig wechselnder Tierarten in Bild und Ton erläutert. Eigentlich ja ganz interessant, aber wenn man mal die Fische durch hat und alle Vögel mal gesehen hat, dann bringen auch die Säugetiere, Reptilien und Insekten nicht viel Neues. Mit anderen Worten: Solange der Schöpfer sich nicht noch irgendeine neue Variante des animalischen Poppens einfallen lässt, habe ich alles gesehen und finde den Sender somit nicht mehr interessant.
Ich schaue mittlerweile lieber andere Sender und muß deshalb die Episoden über die Erdmännchen verpasst haben.

Noch während ich diesen Gedanken nachhänge, hüpft und kräht die Kleine durch unseren langen Flur: „Erdmännchen, Erdmännchen, Erdmännchen…“

„Also gut“, lasse ich meine sonore und väterliche Stimme erklingen: „weshalb möchtest du gerne ein Erdmännchen sein?“

„Aber Papa! Nächste Woche ist doch Schulprojekt. Da gehen wir in den Zoo und jedes Kind muß der Klasse etwas über eine Tierart erklären. Und ich habe mir die Erdmännchen ausgesucht.“

Meine Tochter! Dieses intelligente, aufgeweckte und fast schon intellektuelle Kind! Das muß sie von mir haben! Ganz der Vater!

„Komm her, wir schauen man ins Internet und ich hole die Bücher vom Dachboden mit denen ich in der Schule gelernt habe und dann machen wir das zusammen, ja?“

„Gut Papa, das mit dem zusammenmachen geht in Ordnung, das mit dem Internet geht klar, bloß laß bitte deine alten Bücher weg. Damals gab es doch sowieso nur Dinosaurier.“

Göre, unverschämte, vorlaute… Die kommt genau nach ihrer Mutter!

Also saßen meine Tochter und ich fast eine Woche über ihrem Schulprojekt und trugen alles was sich über Erdmännchen finden ließ zusammen. Dabei herausgekommen ist ein wunderschönes Plakat das alle wichtigen Informationen auf einen Blick zeigt und ein erstklassiges, von mir perfekt durchformuliertes Referat über diese Steppenbewohner, das meine Tochter Silbe für Silbe auswendig gelernt hat.

Heute war der Tag, an dem die Kinder im Zoo waren und meine Kleine kommt nach Hause, ist ziemlich einsilbig, ja fast schon verschlossen und als ich sie darauf anspreche, fängt sie an zu weinen.

Genau in dem Moment als sie ihr Plakat am Gehege der Erdmännchen aufgehängt hatte und anhub, ihren Vortrag zu halten, sei von nebenan ein lautes Geschnaube gekommen und die Nashörner hätten angefangen sich zu paaren. Das habe dann die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse derartig gefesselt, daß niemand ihrem Referat die notwendige und erwartete Aufmerksamkeit geschenkt habe. Nach dem Paarungsakt der Nashörner sei es dann schon gleich Zeit für die Heimfahrt gewesen.

Meine Kleine beginnt bitterlich zu weinen, so groß ist ihre Enttäuschung.
Aber ich wäre ja nicht der gutherzige Vater, der ich nunmal bin, wenn mir keine Lösung eingefallen wäre.
Ich hole die Ruckdäschl von unten, die Ofenlochs vom Nachbarhaus, die Kleibers von oben und Costas den Griechen. Auch Herr Momokand von unten links hole ich, obwohl der keine mir bekannte Sprache spricht.
Sie alle sitzen, auf ein üppiges Abendessen hoffend, denn nur so konnte ich sie zum Mitkommen überreden, in unserem Wohnzimmer und lauschen dem Vortrag meiner überglücklichen Tochter.

So, und jetzt geh‘ ich wieder in die Küche, meine Gäste haben Hunger!


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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 26. November 2012 | Peter Wilhelm 26. November 2012

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