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Die Wahrheit ist doch langweilig

Ich habe da so ein Tattoo, früher hat man bei uns ja Tätowierung dazu gesagt. Es ist schon eine recht umfangreiche Arbeit, aber ich habe sie so anbringen lassen, daß man üblicherweise nichts davon sehen kann. Nur wenn ich T-Shirts mit etwas kürzeren Ärmeln trage, lugt auf der linken Seite die untere Hälfte eines Bildes ein wenig hervor. Ich selbst denke gar nicht mehr an das Tattoo und bin dann immer ganz erstaunt, wenn mich mal jemand darauf anspricht.

„Hat das sehr weh getan?“ lautet die erste Frage und die zweite ist immer: „War das teuer?“

 

Ja und dann habe ich erzählt, wieviele Stunden das gedauert hat, daß es nicht besonders weh getan habe und über die Kosten schweige ich mich meistens aus. Stattdessen sage ich, was bei diesen Tätowierkünstlern so ein kleiner niedlicher Frosch, wie ihn sich Frauen gerne tätowieren lassen, gekostet hätte; sollen die Leute doch selbst hochrechnen.

Aber inzwischen langweilt mich das und ich habe keine Lust mehr, diese immer gleiche Geschichte zu erzählen. Es ist ja auch so, daß nun beinahe jedermann in meinem Bekanntenkreis selbst schon einmal gefragt und diese Antworten bekommen hat; und so wird es auf Dauer auch für meine Freunde und Bekannten langweilig, wenn ein Neuer wieder dasselbe fragt.

Daher beginne ich die Geschichte neuerdings immer so:

„Eigentlich hat das alles angefangen, als mir im Knast unter der Dusche die Seife runtergefallen ist.“

Schon ab da stehen alle Münder offen, selbst die die es besser wissen müssten, hören gespannt zu, wenn ich dann erzähle, wie ich dort zum Liebessklaven eines drei Zentner schweren Anführers der Chinesenmafia geworden bin und er mir als Dank für meine Minnedienste Stück für Stück mit glühenden Nadeln und Farben aus einem Vierfarbkugelschreiber diese Tattoos angebracht hat.

Ich sage am Ende immer dazu: „Stimmt zwar so nicht, klingt aber interessanter.“

Aber das interessiert dann keinen mehr, so arg staunen die über die tolle Geschichte.

Ich habe auch eine kleine Narbe. Früher mußte ich immer wieder erzählen, daß ich als Kind mal….

Nein, auch für diese Geschichte fehlt mir heute inzwischen die Lust. Ist es nicht viel spannender, wenn ich erzähle es handele sich um eine Kriegsverletzung, die ich mir beim Absprung mit einem gerissenen Fallschirm weit hinter den feindlichen Linien eingehandelt hätte?

Eine noch unbedeutendere kleine Narbe über der Augenbraue schiebe ich neuerdings einem weißen Hai vor der Küste Madagaskars in die Schuhe bzw. hinter die Kiemen.

Die Wahrheit, die interessiert doch im Grunde sowieso niemanden, die Leute wollen unterhalten werden.

Und so habe ich auch meinen Spaß daran und seit kurzer Zeit stammen die Tattoos nicht mehr von dem dicken Chinesen, sondern sie künden von meinen Abenteuern, die ich als „junger Mann zum Mitreisen“ bei den Leuten von der Achterbahn erlebt habe.

Danach erfinde ich vielleicht was mit Zirkus und zur See gefahren bin ich auch noch nicht. Da kommt noch eine spannende Zeit!

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Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 26. November 2012 | Peter Wilhelm 26. November 2012

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