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Colorado

frau ruckdäschl

Es sind ja insbesondere neue Bücherregale und eine Schrankwand, die ich in den letzten Tagen aufgebaut habe. Das bringt es mit sich, daß ich Hunderte von Büchern hin- und herräumen und natürlich abstauben durfte. Meine Güte, was Bücher doch für Staubfresser sind!

Bei diesen Arbeiten hat mich mein Sohn tatkräftig unterstützt und wir waren gerade dabei die mehrbändige Reihe „Bilder Amerikas“ zu sortieren, als es an der Tür klopfte. Es war die Ruckdäschl, die sich darüber beklagen wollte, daß unten neben den Garagen unsere alten Bücherregale zwischengelagert waren. Während ich unsere selbsternannte Concierge dahingehend beruhigen konnte, daß noch am selben Tag gegen Abend ein Bekannter den Schrott abfahren würde, rief mein Sohn aus dem Wohnzimmer: „Ich hab hier Colorado? Was soll ich machen?“

Während er, wegen des Buchstaubes einen Hustenanfall bekam, rief ich ihm zu: „Mach mal Pause, setz dich hin, ich kümmere mich gleich um dich!“

Die Ruckdäschl war ob meiner Auskünfte bezüglich der sperrmüllartigen Ansammlung alter Bücherregale scheinbar zufrieden und trollte sich.

Alsdann wandte ich mich wieder unseren Büchern zu und während ich die Dinger sortierte, saugte mein Sohn sie mit dem Staubsauger ab. Es war dann auch der Lärm des Saugers, der uns eine gute halbe Stunde später beinahe das erneute Klopfen an der Wohnungstür überhören ließ. Es ist überhaupt nur den knochigen Fingern und der für ihr Alter erstaunlichen Kraft der Ruckdäschl zu verdanken, daß wir es überhaupt hörten.

„Mann, Mann, wer ist denn das schon wieder?“ entfuhr es mir unwillkürlich, denn man kommt beim Büchersortieren nicht wirklich gut voran, wenn alle halbe Stunde irgendein Nachbar vor die Tür bollert.

Etwas genervt öffnete ich und wieder stand die Ruckdäschl davor. Dieses Mal hatte sie sich aber in ungewohnter Weise verkleidet. Vor den Mund hatte sie sich ein Geschirrtuch gebunden und an den Händen trug sie lachsfarbene Haushalts-Gummihandschuhe. In den Händen hielt sie einen Kochtopf, aus dem es heftig dampfte.
Es war mehr als nur große Verwunderung, mit der ich auf die Nachbarin blickte.

„Isch bring ihne was!“

„Was bringen Sie mir denn?“

„Supp‘ für den Buben.“

„Suppe für den Buben?“

„Ja, Goggelsupp‘, heiße, g’sunde Goggelsupp‘!“

„Das ist aber sehr nett, aber warum bringen Sie meinem Sohn heiße Hühnersuppe?“

„Ei, damit der Bub wieder g’sund werd‘.“

„Gesund?“

„Ja, wo der arme Bub doch die Cholera hat.“

„Die was?“

„Sagen Sie nix! Isch hab‘ des vorhin genau gehört, wie gerufe hat ‚Isch habb Cholera do!'“

Schlagartig wurde mir klar, daß wir nur wieder Opfer eines der typischen Mißverständnisse geworden sind, die sich zwangsläufig ergeben, wenn die Menschen, von denen man umgeben ist, irgendein süddeutsches Kauderwelsch sprechen.

Ich hätte ihr ja erklären können, daß nur von Colorado die Rede war und nicht von Cholera, aber was hätte das gebracht? Also nahm ich einfach dankend ihren Topf. Während ich die Tür schloß, hörte ich noch, wie sie zu Herrn Ofenloch, der gerade die Treppe heraufkam, sagte: „Passe Sie uff, Herr Ofenloch, die da oben sin‘ all‘ ansteckend, geradezu infektiziert.“

Aber die Suppe war gut!

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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 26. November 2012 | Peter Wilhelm 26. November 2012

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