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Abflauender Nordmond

frau ruckdäschl

Petersilie soll man ja bekanntlich nur bei abnehmenden Mond aussäen. Das weiß ja eigentlich jeder. Jeder? Also, ich habe das nicht gewusst, dafür weiß das aber Frau Ruckdäschl.
Die hat nämlich unweit unseres Hauses einen Schrebergarten geerbt, von einer alten Tante und man kann es fast nicht glauben, daß es da alte Tanten geben kann, die noch älter sind als unsere Frau Ruckdäschl. Die ist ja schon mindestens 250 oder so…

Ich stehe also in gebückter Haltung im Vorgarten und setze ein paar Stauden aus dem Gartencenter, da klingelt mich straßenseitig ein Damenfahrrad an und während das noch ausrollt, hüpft die Ruckdäschl vom Sattel: „Sie da! Nee, so geht das doch net! Sie müsse die Prulunzien immer bei abflauendem Wind setzen und die Begalonien nur bei zunehmendem Mond!“

„Was?“

„Und do die Pflanz‘ do, die derfe Sie iberhaupt nur bei stagnierendem Tidenhub setzen.“

Schon steht sie neben mir im Vorgarten und rupft die eben gesetzten Stauden wieder aus. Das ginge ja so auf gar keinen Fall, denn wenn man die wichtigsten Grundsätze der Botanik nicht beherzige, dann sei nicht nur der Gedeih der Pflanzen heftigst in Frage gestellt, sondern es drohe auch meiner Familie großes Ungemach und schweres Unglück dräue über unserem Haus.

Sie hält mir einen Vortrag, sozusagen über badisches Feng-Shui, und erklärt aufgeregt, daß sowohl der Mond, als auch der Stand der Sterne, die vorherrschende Windrichtung und die Gezeiten ganz entscheidende Faktoren dafür sind, ob man nun eine bestimmte Pflanze anbaut oder nicht.

„Odda wolle‘ Sie, des ihr Kinder Klumfüß‘ kriege?“

Da habe nämlich vor Jahren einmal der Wolfgang Dingwacker Radieschen gesetzt und nicht darauf geachtet, daß an diesem Tag Nordwestwind vorherrschte und auch noch Vollmond war: „Un‘ dann hot sei Frau der Hexeschuß gekriegt, hot sich uff der Leiter gekrümmt, das Gleichgewicht verlore un‘ is vunn der Leiter gefalle, tot!“

Ich lege zweifelnd meine Stirn in Falten und will gerade sagen, daß ich diese Theorien für sehr abwegig halte, da erwähnt die Alte, daß ihr eigener Vater vor exakt 72 Jahren einmal den Mais bei abflauendem Tiefdruckwetter gesät habe, daraufhin sei das gesamte Vieh schwachsinnig geworden.

Wenn ich recht überlege, ist die Ruckdäschl ganz sicher doch keine 250 Jahre alt, wahrscheinlich ist sie genau 72.


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Der erfolgreiche Buchautor Peter Wilhelm veröffentlicht hier Geschichten, Kurzgeschichten, Gedanken und Aufschreibenswertes.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 11. Februar 2014 | Peter Wilhelm 11. Februar 2014

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