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Spitze Feder

2017 – Und tschüs!

wunderkerze

von Peter Grohmüller

Kann mir mal jemand sagen, welche Knallcharge diesen dämlichen Brauch erfunden hat, sich kurz vor knapp noch ein paar gute Vorsätze fürs neue Jahr aufzuhalsen, nur um sie Schlag zwölf völlig frustriert wieder über den Harz zu kicken, wie die erste Zigarettenkippe um 0:05 Uhr in der Silvesternacht beim sauteuren Brillant-Feuerwerk, das man dieses Jahr aber wirklich zum allerallerletzten Mal…wegen Feinstaub, wegen Fiffis Panikattacken, wegen Brot für die Welt…bei dem der geübte Zyniker noch süffisant lächelnd anmerkt, dass die Wurst aber bitteschön im Land zu bleiben habe?

Also eines ist diesmal aber wirklich so was von sicher: Nächstes Jahr wird garantiert alles anders…muss alles anders werden…kann ja so auf Dauer nicht…mit all den saublöden Angewohnheiten…diesmal mit Stumpf und Stiel…irgendwann muss man ja mal damit anfangen…In den Kommentarspalten und in unzähligen strunzdummen Interviews, arbeiten sich mäßig bezahlte und noch weniger talentierte Zeilenschinder und absolut verzichtbare C-Promis an dem verblichenen Jahr ab, listen sinnlose Highlights und No-Gos auf und schwören bei allem, was ihnen lieb und dem Verleger teuer ist, dass sie, großes Ehrenwort, nächstes Jahr damit aufhören…aufhören wollen. Tja, womit eigentlich?

Man könnte sich zum Beispiel vorstellen, dass sich Merkel ihren Kanzleramtsminister Peter Altmaier, seines Zeichens beleibter Nachfolger des hirnlosen Hungerhakens Ronald Pofalla, zur Brust nimmt – also sinnbildlich gesprochen, sonst bekäme Altmaier von Merkels Gatten, dem Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Sauer, vermutlich dermaßen was auf die Glocke…dass also die derzeit geschäftsführende Bundeskanzlerin zu Peter Altmaier sagt, er solle doch, vielleicht als guter Vorsatz, einfach mal versuchen, seine Leibesfülle der Körpergröße anzupassen. Merkel neigt zwar auch ein Wenig zur Adipositas und ist auch keine Ernährungsphysiologin, sondern Physikerin, aber man weiß ja schließlich aus Erfahrung, dass beim Homo Sapiens nach der Adoleszenz mit dem Längenwachstum definitiv Ende Gelände ist …kurzum: Peter muss dringend abspecken, wenn sein Gewicht zur Länge passen soll. Aber wäre das wirklich ein so guter Vorsatz? Wäre Peter Altmaier mit beispielsweise 50 kg weniger Lebendgewicht, oder meinetwegen auch 80 kg, damit es sicher auffällt, noch der – Nomen est Omen – Alte, sprich DER Peter Altmaier, mit der gleichen unerschütterlichen Ausstrahlung, der Fels in der Brandung christdemokratischer Erosion? Wohl eher nicht.

Oder nehmen wir mal unsere Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen, die unermüdlich bestrebt ist, einen Angreifer zu identifizieren, der unserer lieblichen Bundesrepublik ans Leder will. Selbst auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Nach unserem Grundgesetz sollen unsere Bürger in Uniform die Landesgrenzen und die Bürger in Zivil verteidigen, wenn jemand böse Absichten gegen selbige hegt, also gegen die Landesgrenzen und die Bürger. Aber da ist, aus Ursula von der Leyens olivgrünem Horizont gesehen, dummerweise weit und breit niemand in Sicht, wie man so schön zu sagen pflegt. Unsere Anrainerstaaten Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich, Frankreich, Luxemburg, Belgien und die Niederlande sind ja allesamt Mitglieder in der Europäischen Union, also de jure unsere unsere Freunde, und ich sehen keinen Grund, weshalb ausgerechnet die eidgenössische Gebirgsmarine auf die abstruse Idee kommen sollte, Marschflugkörper in den Berliner Reichstag zu ballern, wo doch die Schweiz deutschen Steuerbetrügern immer wohl gesonnen war, selbst zu Zeiten der D-Mark…was rede ich: schon zu Zeiten der Reichsmark.

Wenn jetzt also Merkel ihrer dauerhaft auf Krawall gebürsteten Ressortleiterin auf der Hardthöhe deshalb empfehlen würde, als Vorsatz für das kommende Jahr, mal wieder im Grundgesetz zu blättern, könnte man dies zwar als löblich bezeichnen, aber was wäre mit dem kulturellen Gewinn, der in Ursula von der Leyens wirrem Gedankengut innewohnt? Erst jüngst hat sie mal wieder mit gefechtsmäßiger Verve ins Jagdhorn geblasen und in harschem Kasernenhofton gefordert, die Bundeswehr bräuchte jetzt endlich eigene Atomwaffen. Die typische exquisite Mundfäule des Hochadels, mit der sie immer wieder ihre Landsleute verzückt und auf die niemand verzichten will. Das kann sich der geneigte Leser gerne von Urban Priol bestätigen lassen. Würde die Kanzlerin wirklich Ursula von der Leyen zu einem Crash-Kurs über das Grundgesetz verdonnern, und würde diese sich danach auch noch daran halten…gütiger Himmel, nicht auszudenken.

Denn wenn die Bürgerinnen und Bürger in diesem unserem Lande eines wollen, dann ist es Beständigkeit. Alles soll doch bitteschön so bleiben, wie es ist. Das wusste schon der alte Rheinländer Fuchs Konrad Adenauer, die Nummer eins im Kanzleramt…also nach 1945…auf den sich alle Nachgeborenen in der CDU so gerne berufen, mithin auch die Kanzlerin und ihre Verteidigungsministerin. Adenauer war 1957 mit dem brillanten Slogan „Keine Experimente“ in den Bundestagswahlkampf gezogen und hatte diesen mit 50,2% auch fulminant gewonnen. Ein Ergebnis, von dem die Kanzlerin zuweilen träumt, wenn sie zu Hause in der Küche für ihren Joachim Pflaumenkuchen bäckt.

Und deshalb wird sie ihre liebe Freundin Uschi auch weiterhin sämtliche dünkelhaften Träumen träumen lassen: Von einer Großmacht Bundesrepublik Deutschland und einem Volk ohne Raum. Sie wird ihr das arrogante Säbelrasseln gütig verzeihen und sie mit guten Vorsätzen verschonen. Schließlich hätte nicht einmal Donald Trump etwas gegen deutsche Atombomben…solange sie made in USA sind. Sonst hätte er unsere Nahkampf-Amazone vermutlich umgehend als Raketenfrau tituliert und mit der völligen Vernichtung der Bundesrepublik gedroht.

Oder stellt Euch vor, unser durch und durch paranoider Minister des Inneren, Thomas de Maizière, träte nach einer geharnischten Merkelschen Gehirnwäsche vor die Presse und würde verlautbaren, dass es nun aber endgültige reiche mit der ganzen Überwachung, dass die Bürgerinnen und Bürger doch schließlich selbst wüssten, was sich so gehöre und was nicht; dass sich deshalb die Polizeibehörden und alle Geheimdienste in konzertierter Aktion nur noch um kriminelle Großbanken und internationale Anlage- und/oder Steuerbetrüger zu kümmern hätten…wäre das noch unser humorloser, verlässlicher, kranker Amok-Schwafler, der mit versteinerter Miene, sedierender Grabesstimme und blutunterlaufenen Augen seit Jahr und Tag den Armageddon prophezeit, wenn nicht sofort jedem Deutschen per Gesetz ein RFID-Gesinnungs-Chip mit GPS-Überwachung und vollautomatischer Sanktionsroutine implantiert würde und wenn nicht alle rumänischen, arabischen und afrikanischen Betrüger-Banden…?

Nein Leute, das wäre alles Käse. Wenn wir ehrlich sind, haben wir uns in dem ganzen durchgeknallten Monopoly doch so komfortabel eingerichtet, dass uns etwas fehlen würde…ohne die bösen Nadelstreifen in den Vorständen der Autokonzerne mit ihrem Dieselskandal, ohne den lecker nach Motorsport duftenden Feinstaub, ohne die Banken, die uns den letzten Cent für die horrenden Kosten von Buchungen aus dem Portemonnaie fischen, die doch längst von Großrechnern abgewickelt werden, ohne die Global Players, die Kohle scheffeln, bei denen mal zweimal die Nullen vor dem Komma zählen muss, um deren astronomischen Gewinne auch nur erahnen zu können, für die sie selbstreden Nullkommanull Cent Steuern bezahlen, die uns Geiz-geilen Verbrauchern jedoch verlässlich 1 A Gammelfleisch-Lasagne für 1,99 € das Kilo verticken. Entschuldigung: Fehler von mir, die Lasagne war ja mit Pferdefleisch, und das war noch genießbar. Scheiß drauf, wenn uns das nicht meilenweit am Arsch vorbeiginge, würden wir zumindest versuchen, etwas daran zu ändern, oder? Wir brauchen das, und darum lassen wir es auch so, wie es ist. Lasst mich in Ruhe mit allen guten Vorsätzen für 2018.

Deshalb habe ich mir auch ganz fest nix vorgenommen und sage an Silvester punkt 0:00 Uhr einfach nur: Und tschüs.


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Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 16. Januar 2024 | Peter Grohmüller 16. Januar 2024

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