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Venedig sehen und sterben

Katastrophe in Mannheim. 154 Menschen aus gefährlichem Gewässer gerettet. Rettungshubschrauber und zwei Feuerwehren im Einsatz.
Bötchenfahren kann gefährlich sein, lesen Sie hier die ganze dramatische Geschichte!
Sagt man doch so, oder? Gemeint ist damit ja nicht, daß man tot umfällt, wenn man Venedig sieht, sondern daß diese Stadt so schön sein soll, daß man danach beruhigt (irgendwann) sterben kann, weil man sie gesehen hat.
Nun schreibe ich ja immer wieder mal was über die Metropole aller Metropolregionen, unsere Nachbarstadt Mannheim, die vor allem dadurch besticht, daß man offenbar jemanden beschäftigt hat, der sich Provinzpossen ausdenkt. Und natürlich fragt man sich nun, was Venedig mit Mannheim zu tun haben könnte. Das allerdings ist ganz einfach zu erklären, auch Mannheim hat, wie die Stadt in Italien, Gondeln. Diese fahren aber nicht durch die Kanäle einer Lagunenstadt, sondern auf dem Kutzerweiher. Das ist ein großer Teich im Luisenpark und diese Gondeln sind auch keine richtigen venezianischen Gondeln, sondern Plastikboote mit Sonnendach und werden an einem gut 1.800 Meter langen Seil übers Wasser gezogen. Da zahlt man ein paar Euro, steigt ein und wird in gemächlichem Tempo, vorbei an gefräßig aus dem Wasser schnappenden Fettkarpfen, über den Weiher gezogen.

Nun fällt ja überall einmal kurzfristig der Strom aus, manchmal so kurzfristig, daß man das gar nicht mitbekommt, nur irgendeine lästig auf 00:00 blinkende Uhr im Haus ist stummer Zeuge dieses Ereignisses. So ähnlich und so kurz muß der Stromausfall am Samstagnachmittag auch gewesen sein, der die Gondolettas im Luisenpark abrupt zum Stillstand brachte. Der Lokalzeitung berichtete der Betreiber, es hätte danach eigentlich ein Knopfdruck genügt und die Bötchen wären friedlich wieder weitergefahren.
Aber die Mitarbeiter „haben voller Hektik nicht genau hingeschaut“.

Na klasse! So Mitarbeiter braucht man.

Was dann folgt, ist Mannheimer Provinzposse hoch drei! Statt nämlich den bewußten Knopf zu drücken, leitet man eine Rettungsaktion ein, die kaum noch zu überbieten ist:
Einsatzkräfte gleich zweier Feuerwehren rücken aus. Acht Rettungsboote werden zu Wasser gelassen, 154 Fahrgäste werden umständlich aus den Gondolettas „gerettet“ und weil das alles noch nicht genug ist wird auch noch der Rettungsdienst verständigt und die Schnelleinsatztruppe der Johanniter obendrein. Die rücken dann mitsamt Arzt und weiteten 19 Helfern an und dürfen zuschauen, wie sich die Gondolettas inzwischen von allein wieder in Bewegung gesetzt haben und zu allem Überfluss auch noch ein Rettungshubschrauber mitsamt noch einem Arzt landet.

Nun mag man sagen, daß es besser ist, daß einmal überreagiert wird, als daß bei einem wirklichen Unglück keine oder zu wenig Hilfe geleistet wird. Aber man muß sich doch mal vor Augen halten, wer da geretten werden mußte: Es handelt sich um Leute die unter einem schattigen Sonnendach in einem nahezu unsinkbaren Bötchen bequem sitzen, um sich herum nichts als kühlendes Nass. Wo bitte sollen da die vielen Notfälle herkommen? Wem da wirklich etwas zu heiß geworden wäre, na der hätte doch die Füße ins den Kutzerweiher hängen können und sich notfalls auch mit dem Wasser benetzen können. Ja und wenn nach langer Zeit immer noch keine Hilfe da gewesen wäre, verdurstet wäre da auch niemand, oder?

So hatte Mannheim am Wochenende eine Katastrophensituation, die überhaupt gar keine war, sondern nichts als eine Lachnummer.

Aber die Mannheimer haben es sowieso nicht so mit an Seilen hängenden Verkehrsmitteln. Fuhr doch anläßlich der Bundesgartenschau vor über 30 Jahren in Mannheim der damals revolutionäre Aerobus durch die Quadratestadt.

Auf der hochinteressanten heißt es dazu:

„Inzwischen in amerikanischen Händen erlebt der Aerobus in China eine Renaissance. In der chinesischen Stadt Weihei wird der Aerobus ab 2008 die Stadt mit einer vorgelagerten Insel verbinden.“

Man sieht also, dieses Verkehrskonzept hat auch noch im 21. Jahrhundert Zukunft; die Mannheimer haben ihre Aerobusstrecke nach kurzer Zeit einfach wieder abgebaut und die Wracks der Aerobusse dienten jahrelang jugendlichen Steinewerfern als Ziel bis sie dann irgendwann verschwanden.
Ob der Aerobus den Betreibern der anderen Verkehrsmittel nicht ins Konzept passte oder ob es daran liegt, daß der Aerobus auch mal stromlos steckengeblieben ist, man weiß es nicht.

Auf einer weiteren Aerobus-Seite liest man dazu:

„Probleme mit der Stromabnahme durch die Oberleitung führten bereits zu einer missglückten Probefahrt am 8. Juni 1974, also gut ein Jahr vor der Bundesgartenschau, bei der der damalige Mannheimer Oberbürgermeister Ludwig Ratzel den Aerobus nach einer Panne mit einer Drehleiter verlassen musste.“

Provinz!

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Lesezeit ca.: 5 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 26. November 2012 | Peter Wilhelm 26. November 2012

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