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Spitze Feder

Symphonie der Kesselflicker

Kessel Pixabay

Ein Kesselflicker war ein, nun ja, eher ungern gesehener Zeitgenosse, ähnlich wie der Scherenschleifer. Beides Berufsgruppen aus dem fahrenden Volke, die ihrer Tätigkeit auf Reisen nachgingen und ihre Dienste den Verbrauchern vor Ort anboten. Und bei der Ausübung ihrer Tätigkeit soll es auf Seiten der Kunden zuweilen zum Schwund von Gegenständen gekommen sein, die mit der Reparatur eines Kessels, oder dem Schärfen eine Schere ursächlich nicht in Zusammenhang standen.

Gut, wird mancher, der noch einige Male in diesem Beitrag vorkommt, sagen, diese Zeiten sind doch längst vorbei. Wenn heute ein Kessel leckt, oder eine Schere nicht mehr schneidet, fliegt der Müll in den Müll, danach zwei Mausklicks, und morgen liefert Amazon neues Gerät. Dann sage ich: mag ja sein, aber die Kesselflicker gibt es immer noch. Und sie melden sich in regelmäßigen Abständen ungefragt zu Wort. Wie exakt in diesem Moment.

Es ist mal wieder Wahlkampf. Böse Zungen behaupten, dass sei doch immer der Fall. Ja, OK, irgendwie schon; da aber beim Urnengang im September schließlich „über die Zukunft unseres Landes und das Schicksal Europas“ abgestimmt wird (vulgo: Bundestagswahl), legt sich das politische Establishment mächtig ins Zeug. Auf der einen Seite die sattsam bekannte Schwerlastelfe aus Meck-Pomm mit ihrer himmelschreiend talentfreien Entourage, von der selbst die Parteigänger in den eigenen Reihen die Schnauze gestrichen voll haben, aus Mangel an Alternativen jedoch zähneknirschend…und zu Merkel und ihren stets epochalen mit schläfriger Verve vorgetragenen Entscheidungen gibt es, wie man weiß, niemals nie eine Alternative…wo war ich doch gleich nochmal? Ach ja, Wahlkampf. Ja und auf der anderen Seite…wer hat eigentlich das strunz dämliche Gerücht in die Welt gesetzt, die SPD wäre der Widerpart zur Union? Anyway: auf der anderen Seite „unser“ Martin 100% Schulz, der trockene Buchhändler aus Würselen, wie Matthias Platzeck, einer seiner Vorgänger im Amte des Allgemeinen Deutsche Arbeitervereins, ein stets unrasierter Arbeiterführer, der es im Laufe seines unermüdlichen Einsatzes für das Gelingen der Europäische Idee zum Diäten- und Spesenmillionär gebracht hat, und sich deshalb berufen fühlt, sich „mit seiner ganzen Kraft für die Interessen der hart arbeitenden Bevölkerung“ einzusetzen. Ich muss leider feststellen: wir Deutschen sind bei diesem überschaubaren Angebot wahrlich nicht zu beneiden.

Halt, wird unser Freund vom ersten Absatz einwerfen: es gibt ja schließlich noch die Liberalen. Stimmt, die gibt es noch, warum auch immer. Allerdings erscheinen deren Statements aufgrund der schlechten Tonübertragungsqualität (mein Gott, welche Wortschöpfung) aus dem Arsch der Arbeitgeberverbände doch ziemlich unaromatisch. Da hört man immer nur solch ranzige Fürze wie Steuern, die runter müssen, um denjenigen, die so dämlich sind und noch Steuern noch bezahlen, mehr Eigenverantwortungs-Blabla…oder so…und die Renten, die bei der Allianz sowieso besser aufgehoben wären.

Das übliche liberale Geschwätz aus der politischen Sondermüll-Deponie eben. Und wenn ich mir Christian Lindner, deren Ober-Yuppie mit seinem schniekem Drei-Tage-Bart so ansehe (weshalb meinen diese Schnösel eigentlich, dass sie durch mangelhafte Morgentoilette besonders dynamisch wirken)…alles, was einem wie aus der Pistole geschossen einfällt, wenn man nach dem politischen Œuvre dieser versnobten blau-gelben Lobbyisten-Brut gefragt wird sind drei Silben: Mövenpick, oder das obszöne Milliarden-Geschenk Westerwelles seine Freunde aus den Hotelkonzernen. Jeden hier in der Bundesrepublik, vom Säugling bis zum Greis, kostet dieses Geschenk seit 2013 schlanke 12 € im Jahr – jedes Jahr, versteht sich. Also bei Lindners Heißluftgebläsen sein Kreuzchen machen?

Halt, wird da jene Nervensäge wieder einwerfen: es gibt ja noch die Grünen. Stimmt. Das sind die etablierten Nachfolger derer, die sich in Mutlangen, an der Startbahn West, in Gorleben oder wo auch immer an alle Gleise gekettet hatten, die nicht schnell genug durch Altmetallhändler gen Osten gekarrt wurden; die mit Wasserwerfern und Tränengasgranaten des Schweinesystems per Du waren.. Bitte um Entschuldigung, das war jetzt ziemlich gehässig. Gegenüber den ehrbaren Unternehmen der Recycling-Branche und gegenüber den Tausenden die mit Herzblut den staatlichen Unverschämtheiten die Stirn boten. Ich habe deren Proteste damals für absolut berechtigt gehalten tue es immer noch. Aber was bitteschön haben, die Grünen noch mit der Öko- und Friedensbewegung zu tun? Null Komma nix.

Die Grünen haben mit dem Armani-Brioni-Cohiba-Gazprom-Key-Account-Manager Schröder und seiner militanten Marathon-Kugel Fischer Jugoslawien überfallen – in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, wie der ex-Genosse der Bosse und Freund lupenreiner, ihr wisst, was ich meine, im Rahmen eines Interviews mit feister Arroganz einräumte. Friedlich ist irgendwie anders; und ich gehe der Einfachheit halber davon aus, dass die Grünen damit kein Problem haben. Ansonsten hätte sie Joseph Martin Fischer längst rausgeschmissen. Wie bei allen „demokratischen Parteien der Mitte“ geht es bei den Grünen nur ums Reinkommen und Abkochen. Das leidige Galama mit Ideologie haben sie seinerzeit schleunigst abgelegt, gleich nachdem sie Ihre PLO-Halstücher an die Garderobe gehängt und gegen feineren Zwirn getauscht hatten.

Mittlerweile haben sich die Grünen als Müll-trennende liberale Alternative zur FDP in der parlamentarischen Landschaft kommod eingerichtet und koalieren mit jedem, solange Posten und Knete passen. Das Bestreben, Verantwortung zu übernehmen, zu gestalten und all das Gedöns ist OK. Viel wichtiger sind jedoch die Sitze. Nein, nicht die im Hybrid-SUV im Carport aus nachhaltigem Holz, ich meine die in den Landtagen oder im Bundestag. Da kann man Netzwerke knüpfen und Pöstchen abgreifen. In Bayern sagt man: a bisserl was geht immer. Wie in der aktuellen Diskussion, was man mit den Milliarden-Überschüssen in Schäubles Schatulle tun müsse/könne/solle. Aus allen Ecken krakelt es in lächerlicher Kakophonie. Bildung…Infrastruktur…Breitband-Internet… was immer gut ankommt sind Kitas…und Schulden tilgen…Bla, Bla, Rhabarber.

Jetzt hört mal gut zu, ihr abgehobenen Selbstdarsteller: Die Kohle, über die ihr hier streitet wie die Kesselflicker, gehört denen, die Steuern zahlen, und nur denen. Ihr seid nur die Treuhänder. Und anstatt wegen eines Überschusses im Staatshaushalt in der dicksten aller möglichen Hosen rumzulaufen und den Nachbarn arrogant den erhobenen Zeigefinger vor die Nase zuhalten, solltet ihr lieber mal erklären, wo die 30 Milliarden sind, die jedes Jahr aufs neue sinnlos verprasst werden, also neben Protzbauten, mit denen ihr euch Denkmäler setzt…neben den Panzern, die nicht schießen…den Flugzeugen, die nicht fliegen…den Drohnen, mit denen sich die Kriegstreiber ihre feuchte Träume erfüllen wollen, aber zu blöd sind solche Projekte zu stemmen. Kann bitte mal jemand das Radio abstellen? Die Symphonie der Kesselflicker geht mit nämlich auf den Sack.


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Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 7 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 3. Februar 2020 | Peter Grohmüller 3. Februar 2020

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