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Saftblog – letzte Runde?

Mal gucken, ob ich das alles richtig auf die Reihe bringe.
Die Firma Walther stellt Fruchtsäfte her und möchte diese gerne besser vermarkten. Zu diesem Zweck betreibt sie ein Blog, das Saftblog. Rührig und sympathisch berichten die verantwortlichen Saftleute dort über ihre Säfte, die Absatzwege usw.

Im Rahmen dieser Bloggerei haben die Walthers auch die Begriffe Olympiade und Olympische Spiele verwendet, wie sie auch ungefragt einfach die olympischen Ringe abgebildet haben.
Jeder klar denkende Mensch wird ja nun meinen, daß da nichts Verwerfliches dran sei. Über die Olympischen Spiele zu berichten, kann ja nicht verboten sein und die Ringe sind doch sowieso überall abgedruckt.

Warum die Ringe geschützt sind, steht hier und hier aber auch hier.

Jetzt meldeten sich die Anwälte des DOSB, des Deutschen Olympischen Sportbundes, der erst am 20. Mai 2006 aus dem NOK (Nationales Olympisches Komitee) und dem Deutschen Sportbund hervorgegangen war.


Den Walthers flatterte eine Abmahnung mit Unterlassungserklärung und Kostennote ins Haus.
Sogar in der Wikipedia wurde darüber berichtet:

Der DOSB hat großes Interesse seine Marken zu schützen. In Ausübung dieser Schutzpolitik wurde daher das Blog “Saftblog” der Firma Kelterei Walther GmbH & Co. KG auf Grund zweier Blogeinträge abgemahnt. Bei einem Blogeintrag war das Olympische Symbol (die 5 Ringe) als Bild eingebunden, beim anderen tauchte nur das Wort “olympisch” in der Artikelüberschrift auf. Der Gegenstandswert wurde von den Anwälten des DOSB auf 150.000 Euro festgesetzt. Zahlreiche Rechtsexperten zweifeln allerdings an der Rechtmäßigkeit der Abmahnung. Die Firma Kelterei Walther GmbH & Co. KG beschloss auf Grund des für ein mittelständisches Unternehmen nicht tragbaren Risikos, weitere (unbegründete) Abmahnungen zu erhalten, das Saftblog zu schließen. Kritiker bewerten den Vorgang als ein Beispiel für die Gefahr, dass Geschäftsinteressen vor das Recht auf freie Meinungsäußerungen gestellt werden.

Inzwischen wurde der Wikipedia-Text schon wieder redigiert und es heißt dort nunmehr:

Im Dezember 2006 schlug der DOSB hohe Wellen in der Blogosphäre, als die Abmahnung des DOSB gegen das Unternehmer-Blog einer sächsischen Kelterei öffentlich wurde. Der Grund: Das Blog soll mit der Verwendung des Begriffs „Olympia“ und der Olympischen Ringe den Markenschutz des DOSB laut des umstritten Olympiaschutzgesetzes verletzt haben.

Darüber wurde auch im Saftblog berichtet.

Was dann geschah, war ebenso typisch wie teilweise kopflos. Zum einen erklärten sich zahlreiche Blogger solidarisch mit den Walthers, sprachen ihnen Mut zu und machten sich Gedanken, wie man zukünftig in solchen Fällen näher zusammenrücken kann. Das ist auch gut und richtig so!
Andere sahen ihre Chance und wollten die Gunst der Stunde nutzen, um sich zu profilieren. Einige griffen zum Telefonhörer und wollten der Bloggergemeinde mal zeigen, wie man sowas richtig macht. Nach ersten Telefonaten mit offensichtlich subalternen Figuren verkündeten sie großspurig, die Kuh sei vom Eis.
Wieder andere bauten ihr halbes Blogdesign um, damit sie durch Grafiken und Dutzende von Artikeln noch besser an der allgemeinen Aufregung teilnehmen können.
Und selbstverständlich meldeten sich auch etliche Rechtsgelehrte, die den Fall aus ihrer Sicht beleuchteten. Dabei durften wir dann erfahren, daß die Schutzgesetze, auf die sich der DOSB beruft, angeblich sogar verfassungswidrig seien.

In der Folge erlebte das Saftblog eine Zunahme an Bekannheit und wurde massenhaft kreuz und quer durch die Republik verlinkt. Dabei gibt es viele Blogger, die sich einfach nur über diesen erneuten Fall von übertriebener Abmahnungswut aufregten, was ja auch durchaus richtig und verständlich ist.
Aber es gab auch sehr viele, die gafernd, sabbernd und in grenzenloser Selbstaufgeilung wieder einmal nur ihre Linkzahlen im Kopf hatten. Hier gab es mal wieder etwas, wo es sich lohnte, mit dabei zu sein, das könnte einem ja Leser, Links und Aufmerksamkeit bringen.
Liest man die Kommentare im Saftblog selbst, aber auch in zahlreichen anderen Blogs, dann kommt man schnell zu der Erkenntnis, daß sich viele der ach-so-mit-Bedauern-erfüllten Blogger durch nichts von den Autobahngaffern unterscheiden. Einzig Uwe Keim von Magerquark schrieb kurz und bündig sinngemäß: „Kontonummer her, ich überweise Euch was!“

Denn was kann den Walthers überhaupt helfen?
Einerseits eine fundierte anwaltliche Beratung mit der Bereitschaft diesen haarsträubenden Fall bis vor das höchstmögliche Gericht durchzuboxen und auszufechten. Das kostet Geld, Zeit und Nerven. Geld, das die Walthers (wie weiter unten zu lesen ist) nicht ausgeben wollen.
Andererseits könnte es ihnen helfen, wenn die ach-so-betroffenen-Blogger einfach ein paar Mäuse rüberwachsen lassen würden, damit die Walthers die beigefügte Kostennote leichter bezahlen können.

So haarsträubend der Fall auch ist und so sehr er sich auch dazu eignet, sich aufzuregen, vor allem, weil hier kein Wirtschaftsunternehmen, sondern ein angeblich höhere Ziele verfolgender Sportbund entgegensteht, so wenig ist ein kleiner Familienbetrieb, der Säfte herstellt, geeignet, daß man das Ganze auf seinem Rücken austrägt.

Es bleibt die dritte Variante: Für Öffentlichkeit sorgen, den Fall an die Presse weiterleiten, das Justizministerium weiter sensibilisieren. Und um es gleich klar zu sagen: Mit Öffentlichkeit meine ich u.a. die Welt da draußen, jenseits vom Internet. Ob es nämlich den DOSB, die Justizministerin und andere Beteiligte interessiert, wenn irgendeine Blümchenbloggerin ihre Betroffenheit zeigt, bleibt höchst zweifelhaft.

Wenn einem sowas Häßliches widerfährt, dann ist man froh um jede Unterstützung und Anteilnahme. Wenn aber viele das Ganze nur benutzen, um sich daran aufzugeilen oder gar um sich mal wieder zu profilieren, dann könnte ich das große Kotzen kriegen.

So schien es also, nachdem die Aufregung ihren Höhepunkt erreicht hatte, als ob der DOSB zurückrudern würde. Nun lesen wir aber u.a. bei Robert von Basic Thinking, daß die Kuh fröhlich weiter auf dem Eis tanzt und keineswegs Anstalten macht, das Eis zu verlassen. Die Kuh ist eben nicht vom Eis und der Anwalt vom DOSB lässt seine Abmahnung voll umfänglich bestehen.

Was den Walthers noch bleibt, ist die Hoffnung, daß den einfach nur noch keiner zurückgepfiffen hat, warten wir’s mal ab.

Im Saftblog lesen wir, daß die Kommentare zu der Sache geschlossen wurden, daß man keineswegs derjenige sein will, auf dessen Rücken ein Grundsatzurteil erstritten werden soll und daß man auch keine weitere Verlinkung mehr wünscht.
Darüber regen sich natürlich jetzt viele der ach-so-betroffenen tierisch auf. Doch vergessen wir bitte nicht: Die Walthers wollen in erster Linie Fruchtsäfte verkaufen!

In einem Kommentar bei Basic Thinking schreibt Kirsten Walther vom Saftblog:

…daß das keine leichte Entscheidung war. …das ganze Wochenende über hat mich diese Sache nicht in Ruhe gelassen und ich habe mit vielen Leuten gesprochen und um Rat gefragt. Aber: Ich bin verantwortlich für ein Unternehmen mit den dazugehörigen Mitarbeitern und deren Familien. Wie soll ich rechtfertigen, daß ich eine Menge schwer verdientes Geld für eine unsichere Sache aufs Spiel setze? … niemand kann von uns verlangen, daß das auf unseren Schultern ausgetragen wird. …

In der Kamelopedia ließ man mehr zum Thema Abmahnung.
In Wikipedia finden wir auch etwas zu diesem Thema.

Was ist aber das Fazit?
Einmal mehr ist für mich klar geworden, daß man sich noch so bemühen kann, ein findiger Anwalt wird IMMER etwas finden, deshalb ist NIEMAND vor einer Abmahnung sicher.
Desweiteren ist klar geworden, daß ein Haufen Leute, die wild umeinanderdiskutieren nicht unbedingt hilfreich sein müssen.
Wieder einmal mehr wurde klar, daß einem in einem solchen Fall nur mit Geld geholfen ist. Wenn jeder Blogger statt zu kreischen nur einen Euro einzahlen würde, wäre dem Saftblog mehr geholfen gewesen.
Und es wurde eindeutig, daß wir unbedingt und dringend die längst geforderte Reform der Abmahngesetze brauchen. Es muß eine Bagatellregelung her, die die anwaltlichen Forderungen auf eine kleine tragbare Summe reduziert.

Jedem von uns kann es passieren, daß er etwas falsch macht und eines der vielen Gesetze unbewußt mit Füßen tritt. Dann muß einem juristischen Laien aber bitteschön die Möglichkeit gegeben werden, diesen Fehler zu beseitigen, bevor mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird.

Lest dazu auch bei Peter Roskothen!

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Da das Dreibeinblog schon über 20 Jahre existiert, wurde die Blogsoftware zwei-, dreimal gewechselt. Dabei sind oft die bereits vorgenommenen Kategorisierungen meist verlorengegangen.

Deshalb stehen rund 2.000 Artikel in dieser Rubrik hier. Nach und nach, so wie ich die Zeit finde, räume ich hier auf.

Lesezeit ca.: 9 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 26. November 2012 | Peter Wilhelm 26. November 2012

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