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Spitze Feder

Nichts Neues aus dem Marginal?

An vergangenen Wochenende traf sich die FDP zu ihrem Bundesparteitag. Die wer? Die F-D-P-he! Für all jene, die mit diesem Kürzel auf die Schnelle nichts anfangen können: die FDP ist jene äussert unappetitliche Mischpoke, die beim Wahlkampf 2014 in Brandenburg ihr bisher ehrlichstes Statement drucken ließ: „Keine Sau braucht die FDP“, stand auf tausenden großformatigen Plakaten, mit denen jeder noch so einsame Laternenpfahl verunziert wurde. Die Wählerinnen und Wähler haben die Empfehlung wohlwollend aufgenommen und diese für Politiker ungewöhnliche Offenheit mit einem Wahlergebnis von satten 1,4% entsprechend honoriert. Chapeau!

Nun trifft sich dieser völlig überflüssige Haufen, dessen essentielle Aufgabe darin besteht, permanent Dünnpfiff zu schwafeln und, wenn sich die Gelegenheit bietet, die Interessen der Konzerne, der Banken, der Versicherungen zu vertreten – ach ja, ganz wichtig: die Steuern für die Leistungsträger zu senken – und sich zu diesem Zwecke in Koalitionen jedweder Couleur einzuschleimen, wie eingangs erwähnt zu seinem Bundesparteitag. OK, das war jetzt ziemlich ausschweifend und ziemlich bösartig formuliert, aber ich finde, dass dieser völlig überkonstruierte Schachtelsatz in seiner überspitzen Form den Kern der Sache trifft.

Vermutlich auf Anraten des in höchstem Maße dysfunktionalen Meinungsmachers, pardon, Meinungsforschers (vulgo: Demoskopen) Manfred Güllner (ugs. Gülle-Mani), der die FDP via wöchentlicher stern-Wahlprognose 2017 mit aller Gewalt über die 5%-Hürde wuchten will, hat deren Bundesvorsitzender, Christian Lindner nun verlauten lassen, dass die FDP ohne Koalitionsaussage in den Bundeswahlkampf ziehen werde. Es ginge den Liberalen nicht darum, als pure Mehrheitsbeschaffer betrachtet zu werden, sondern in der Bundesrepublik klare liberale Positionen zu vertreten und den Menschen mehr Freiheit…bla, bla, bla. Das Übliche eben.

Betrachtet man die düstere Ausgangslage, Rainer Brüderle, jener dauernd Riesling-selige Pfälzer Showmaster, ehemalige Dirndl-Dekolleté-Kritiker und einziger Lichtblich aus humoristischer Sichtweise ist schließlich nicht mehr im Top-Team vertreten, ist das Statement Lindners nicht nur der übliche freidemokratische Bullshit, sondern auch ein Stück weit vermessen. Also wenn Rainer fehlt, nö, dann mag ich nicht, dann macht es noch weniger Sinn bei den gelben Hampelmännern sein Kreuzchen zu machen.

Frei übersetzt bedeutet Lindners infantile Drohung, ohne Koalitionsaussage in den Bundeswahlkampf ziehen, nichts anderes, als dass er es sich raussuchen möchte, ob er im September lieber in einen schwarzen oder roten Arsch kriechen möchte, immer vorausgesetzt, es klappt mit Güllners 5% plus X. Insofern ist alles beim Alten. Insofern gibt es auch 2017 nichts Neues aus dem Marginal.

Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 3 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 3. Februar 2020 | Peter Grohmüller 3. Februar 2020

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