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Spitze Feder

Glückwunsch, Genosse Peer

Da sind wir aber dermaßen was von froh, dass der Bub doch noch gut untergekommen ist, oder? Mein lieber Mann, was hatte der gelitten seinerzeit, als er bei der Wahl gegen die Mecklenburgische Landpomeranzen-Bundesraute sang- und klanglos unterging. Das konnte man förmlich riechen…oder sehen…egal, jedenfalls war er anno 2005 ganz schon angepisst. Da der spezialdemokratische Peer jedoch zum einen ein echter Sportsmann ist, und sich zum anderen seiner Verantwortung für das Wohlergehen der Bundesrepublik in solch schwierigen Zeiten…bla, bla, Rhabarber, jedenfalls hat er dann, in vollem Bewusstsein über die Bürde und die Verantwortung der Aufgabe, also mit der üblichen Politikersprech-Logorrhoe… im Interesse seiner Landsleute den Job als Bundesfinanzminister angenommen – für schmale 16 Riesen im Monat.

OK, da kommen noch ein paar Tausend pauschale Euro für weiß der Geier was hinzu, aber das Ganze ist, so oder so, weit unter Peer´ s Niveau. Wie man weiß, ist er ja wesentlich dickeres Honorar gewohnt. Allein schon seine Vorträge, die er in feinstem Zwirn kreuz und quer durch die Republik bei dem Zocker-Banken-Gesockse hält, spülen ihm seit Jahren Summen in die hanseatische Schatulle – dagegen erscheinen die paar Kröten Aufwandsentschädigung quasi wie Breuer´ s Erdnüsse.

Aber jetzt hat er es endgültig auf die andere Seite geschafft – finanziell und politisch. Demnächst bezieht Genosse Peer nämlich sein neues schniekes Büro als Mitglied des Vorstands der ING-DiBa. War er als MdB und Schäuble-Vorgänger jahrelang eher nur so etwas wie Cheflobbyist der Finanz-Mafia am Kabinettstisch, zählt er ab sofort zum Inner-Circle der Anlagebetrüger. Und eines ist sicher: als Obermacker bei der ING-DiBa wird er die Höhe seines ehemaligen Ministergehalts monatlich en passant als Spesen verjubeln. Er muss jetzt nämlich hin und wieder auf die Cayman-Inseln jetten, oder in ein anderes der vielen Steuerhinterziehungsparadiese, und sich dort mit dem Finanzbetrüger-Pack jovial über die dummen kleinen Steuerzahler amüsieren, Austern fressen und Champagner saufen bis der Arzt kommt und sich vielleicht noch die eine oder andere Edelnutte gönnen. Das kostet ja alles richtig Geld, was glaubt Ihr denn? Da kommt schon mal was zusammen.

Ähm, Tschuldigung, Schamfrist? Was soll denn jetzt dieser Einwurf? Ein Politiker geht in die Wirtschaft. Das ist doch das Normalste der Welt. Wo ist das Problem? Er soll damit warten? Auf was denn bitteschön? Bis Claudia Roth dem Ganzen ihren Segen gibt, oder zu Ende geplärrt hat? Steinbrück geht bei seiner Karriereplanung einfach nur stringent und – vor allen Dingen – völlig legal vor, wenn er demnächst seinen Arsch in den 5.000 € Ledersessel, in die dicke Dienstlimousine, oder in den Lear-Jet hievt. Wer immer noch der Meinung ist, es sei unmoralisch, wenn ein Minister „in die Wirtschaft wechselt“ und sich dort seine Connections vergolden lässt, glaubt auch noch an die ewige Heilsbotschaft der Römisch Katholischen Kirche. Leute, da is´ nix anrüchig, so ist nun mal das System. Das Bischen regieren ist wie ein Praktikum. Da muss man durch und einige Jahre Insiderwissen und jede Menge Kontakte sammeln, wenn man an die richtig dicken Jobs will.

In diesem Sinne: hat sich gelohnt, Glückwunsch, Genosse Peer

Spitze Feder – Spitze Zunge

Diese Kolumne schreibt vorwiegend Peter Grohmüller seine Gedanken zur Welt und dem Geschehen unserer Zeit auf.
Seine fein geschliffenen „Ergüsse“ – wie er selbst sie nennt – erfreuen sich großer Beliebtheit.

Hin und wieder erscheinen in dieser Kolumne auch Beiträge anderer Autoren, die dann jeweils entsprechend genannt werden.

Die Texte sind Satire, Kommentare und Kolumnen. Es handelt sich um persönliche, freie Meinungsäußerung.

Für die Texte ist der jeweilige Autor verantwortlich.

Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 3. Februar 2020 | Peter Grohmüller 3. Februar 2020

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