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Die Mauer im Kopf

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Erst neulich schrieb ich vom übertriebenen Drang der Ost- und Mitteldeutschen, sich abzugrenzen. Da kam dieses, bei real,- gesehene, T-Shirt gerade richtig, um etwas Spott auszugießen: Maui, naja, das ist auch nur ein Diminutiv für Mauerspecht, Mauerflüchtling usw. Nö, da gefällt mir Ossi oder Zoni besser. Heute fuhr so ein

„Maui“ vor mir her: …und gab mir wieder einen Anlass über die, ja gerade in den letzten Tagen so vielfach besprochene, Wiedervereinigung nachzudenken. Wann immer Preußen und Bayern aufeinandertreffen, sie werden sofort die kulturellen, sprachlichen und menschlichen Unterschiedlichkeiten zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen feststellen und allzugern thematisieren. Das funktioniert nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen: Unsere Doppelgemeinde Edingen-Neckarhausen besteht, wie der Name es vermuten läßt, aus den ehemals eigenständigen Gemeinden Edingen und Neckarhausen und noch heute gibt es wackere Gesellen aus Edingen, die freiwillig keinen Fuß nach Neckarhausen setzen. Auch hier scheinen die kulturellen Brücken schier unüberwindbar. Die Edinger glauben, ihre Kultur vor den Neckarhäusern schützen zu müssen und die Neckarhäuser fragen sich mit Blick auf Edingen: Welche Kultur? Was schon seit Ewigkeiten gilt, die thematisierte Unterschiedlichkeit zwischen Prussen und Bajuwaren und was so im Kleinen gilt, wie die Ortsfeindschaft kleiner Fischerdörfer am Ufer des Neckars, warum soll es sowas nicht auch zwischen Wessis und Ossis geben? Was 40 Jahre getrennt war, das müsse jetzt 20 Jahre nach dem Mauerfall doch endlich zusammengewachsen sein, meinen viele. Und? Es ist doch zusammengewachsen, was will man denn mehr? Die Mauer ist weg, wir können hinüber und herüber und so mancher war auf einer Deutschlandfahrt schon im Osten ohne es zu merken, so wenig ist von der ehemaligen Grenze noch übrig. Was bleibt, das ist die Grenze im Kopf, die Mauer im Kopf. Ja und? Holsteiner sind nicht wie die Westfalen und Eifelaner nicht wie die Koblenzer, Mainzer wollen keine Wiesbadener seine und Kölner können mit den Düsseldorfern nicht… Ost- und Mitteldeutschland waren immer schon was Eigenes und immer schon anders, so wie alles andere auch anders ist, das ist das Wesen des Anderssein. Aber anders heißt doch nicht, daß es schlechter ist. Man sollte endlich mal aufhören zu klagen, zu jammern und aufzurechnen. Daß Deutschland wieder vereinigt wurde, das ist gut. Punkt! Daß es in den Köpfen diese gegenseitigen Befindlichkeiten gibt, nun das ist doch nichts Bemerkenswertes, das ist überall sonst auf der Welt auch so. Da gibt es Bevölkerungsgruppen, die sich wegen weitaus geringerer Unterschiede seit Generationen versuchen gegenseitig totzuschlagen. Ossis sind deshalb einfach für mich Ossis, weil Ostfriesen eben auch Ostfriesen sind und Bayern eben Bayern. Wobei die Ossis ja noch den Vorteil haben, wenigstens ansatzweise überall im Rest der Republik verstanden zu werden… Ich finde, ein bißchen Unterschied darf schon sein. 40 Jahre Diktaturerfahrung lassen sich nicht in einer Generation wegwischen, in ein paar Jahrzehnten vielleicht wird das anders sein, wenn der überwiegende Teil der so genannten Ossis selbst keine Erinnerungen mehr an die DDR hat. Aber bis dahin liegt es an uns, das ewige Genörgel bleiben zu lassen und den Kindern nicht schon mit der Muttermilch einen unnötigen Zwist einzuimpfen, den es gar nicht geben müsste. Die Unterschiedlichkeiten der Menschen in den deutschen Regionen ist auch so schon groß genug, da braucht man keine künstlich aufgebauschten Ossi-Wessi-Theorien. Nehmen wir es so wie es ist, amüsieren wir uns weiterhin über das Anderssein des Anderen und geben ihm die Chance, von uns Gutes zu übernehmen und ergreifen im Gegenzug auch unsere Chance, von den Anderen, ob nun aus Ghana oder Bitterfeld, das Gute abzugucken.


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Lesezeit ca.: 4 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 26. November 2012 | Peter Wilhelm 26. November 2012

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