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Billiges Essen

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Gestern Abend prangte mir auf der Speisenkarte eines ganz normalen Durchschnittslokals entgegen: „Frischer Spargel mit Neukartoffeln und Sauce Hollandaise, mit 1 kl. Rumsteak, ohne Salat“ 23,90 Euro. Gut, es heißt RumPsteak, das fiel mir als erstes auf und es heißt auch nicht Pfanenkuchen und Camberbert und es heißt auch Lammkoteletts und nicht Lammkotteletten und es gibt auch kein Gehackefleisch. Aber okay, der Inhaber ist Ausländer und da seien ihm diese Sprachvariationen nachgesehen.

Doch, man soll es ja nicht mehr machen, aber ich rechne manchmal immer noch in D-Mark um. Normalerweise bin ich ja ein Gegner dieser Umrechnerei und vor allem kann ich das Gejammer nicht mehr hören, wenn die Leute vor allem in der Gastronomie behaupten, der Euro habe alles doppelt so teuer gemacht.

Seit der Einführung der Europa-Zwangswährung sind beinahe 10 Jahre vergangen und innerhalb von 10 Jahren ist auch früher schon alles teurer geworden. Nur hat man das früher eben auf die Steuern und vor allem die Inflation geschoben und heute muß für alles der Euro herhalten. Ist ja auch praktischer, denn „datt sind die Griechen und die Portugiesen in Schuld“ ist leichter zu sagen, als die Inflation zu erklären.

Aber sind wir doch mal ehrlich: Wer hätte denn jemals 46 D-Mark für ein Steak mit Gemüse und Kartoffeln bezahlt? Selbst wenn Johann Lafer, der Omnipräsente, das persönlich mit den Schweißtropfen des Papstes mariniert hätte, hätte ich niemals knapp 50 Mark für so etwas gezahlt.
Auch nicht wenn man auf die damaligen Vor-Euro-Preise noch die 10 Jahre Preissteigerung draufrechnet.
Für zwei Personen sind das knapp 100 D-Mark, ohne Getränke bitteschön!

Ich trinke gerne Tonic-Water. Das haben manche Wirte in der Literflasche und das schmeckt dann meistens wie Schweißfuß, denn außer mir bestellen das nicht viele und dann steht die angebrochene Flasche gerne mal ein halbes Jahr im Kühlschrank vor sich hin. Besser und frischer sind da die 0,2 Liter Mini-Flaschen von „Schweppes“. Immer klein und immer frisch. Aber: Zum einen füllen diese Minidinger, selbst wenn man sie förmlich auswringt, nicht mal ein normales 0,2 Liter-Glas bis zum Eichstrich und zum anderen sind die so teuer, daß der Wirt mir für einen 0,2 l Schluck 2,70 Euro berechnet. Für zwei Gläschen Tonic bekomme ich „draußen“ einen Kasten Billigbier oder vier Kästen Mineralwasser im Angebot.
Da stimmt das Verhältnis nicht.

Nein, ich will nicht alles billig, billig, billig. Für gutes Essen -und gut heißt hier auch, daß es sich um eine gute Portion handelt- zahl ich gerne einen angemessenen Preis. Aber doch nicht für Sauce Hollandaise von „Thommys“ aus dem Tretapack und Fleischsauce von „Maggi“ und knapp 100 Gramm SchRUMPfsteak!

Wiegesagt, wenn es gut ist und die Zutaten stimmen, dann darf es auch was kosten.
Auf der anderen Seite kaufen die Leute beim Discounter die Dreierpackung ital. Steinofenpizza für 2,29 Euro und wundern sich dann, wenn der Käse oben auf der Pizza kein original Parmesan-Käse sondern irgendein Käseersatzprodukt ist und der Schinken nicht aus Serano stammt, sondern „Schweinefleisch geformt“ ist.
Gerade der sogenannte Analogkäse, eine käseartige Substanz aus Pflanzenfetten und Bindemitteln, und das Klebefleisch, also Fleischbröckchen, die mittels Enzymen zusammengeklebt wurden, erregen ja momentan die Gemüter. Und die Schuldigen sind immer schnell ausgemacht: die Lebensmittelhersteller!
Und der Grund für deren Handeln ist auch ganz schnell gefunden und in aller Munde: Profitgier!

Ich kann das aber schon langsam nicht mehr hören.
Wer drei Pizzafladen für 2,29 kaufen will, der muß sich darüber im Klaren sein, daß da bei den Zutaten gespart werden muß. Hier muß der Hersteller, schon wegen des haarscharf kalkulierten Preisdiktats der Discounter, so knapp rechnen und sparen wo er nur kann, um überhaupt noch einen Gewinn erwirtschaften zu können.
Im Lebensmittelhandel rechnet man mit einer Umsatzrendite von 1 bis 1,5%, nur Branchenkönig ALDI schafft hier angeblich traumhafte 5%. Und bei 1,5% Umsatzrendite wird die Spanne auch nach unten hin, also in Richtung der Großhändler und Hersteller, immer geringer. Ich möchte gar nicht wissen, was letztlich eine einzelne Pizza in der Herstellung überhaupt noch kosten darf, es mögen kaum 30 Cent sein.
Und dafür bekommst Du eben keinen echten Schinken und keinen guten Käse mehr.

Ich kann auch nicht das Kilo Schweineschnitzelfleisch für 3,99 oder gar nur 2,99 Euro kaufen wollen und mir dann vorstellen, die Schweine seien auf der Suhlwiese groß geworden und antibiotikafrei mit orientalischem Wurzelgemüse gefüttert worden. Man kann sich auch nicht einbilden, daß ein Hühnchen für 2,19 Euro in seinen gut 50 Tagen auf dieser Welt gehätschelt und getätschelt wurde, bevor es zum „Hähnchen“ mutierte und in den Handel kam.
Man muß doch von diesen 2,19 Euro nur einmal die Verpackung, das Einfrieren, den Transport, das Schlachten und das Rupfen abrechnen, dann noch den Preis für das Küken abziehen und rund 55 Tage Fütterung, Unterbringung und Versorgung…
Was bleibt denn da noch an finanziellen Möglichkeiten für den einzelnen Lebenstag des Hähnchens?
Selbst wenn das Einfrieren, Schlachten, Verpacken und Transportieren nichts kosten würde, der Züchter und der Händler auf ihre Gewinne verzichten würden und die gesamten 2,19 Euro in die 55 Tage Lebenszeit fließen würden, es blieben nicht einmal 4 lumpige Cent pro Tag.
Nee, das muß doch jedem einleuchten, daß es dafür nicht mal in der Hühnerfarm Vollpension im Wellnessformat gibt.

Wer heute ein halbwegs biologisch und unter huhngerechten Bedingungen aufgewachsenes Hähnchen haben will, der muß rund 7 Euro pro Kilo zu zahlen bereit sein.

So gesehen sind dann 23,90 Euro für Spargel, Kartoffeln und kl. Rumpsteak vielleicht doch nicht viel. Aber ob dieser Spargel „bio“ ist und das Fleisch wirklich so teuer war?
Ich bezweifle es.


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Lesezeit ca.: 6 Minuten | Tippfehler melden | © Revision: 26. November 2012 | Peter Wilhelm 26. November 2012

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